Diskussion um ewige Sommerzeit: Was jetzt Experten sagen

Diskussion um ewige Sommerzeit: Was jetzt Experten sagen
Nach der Kritik eines deutschen Experten äußern sich jetzt auch andere Wissenschafter. Die EU will eine rasche Lösung.

Die EU-Staaten sollen selber über dauerhafte Sommer- oder Winterzeit entscheiden, kündigte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker an, ein Schlafforscher äußerte sich kritisch zur permanenten Sommerzeit: Mittwoch war die Zeitfrage wieder Top-Thema in Europa.   Bereits im März 2019 sollen die europäischen Uhren ein letztes Mal verstellt werden, so ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission. Bei der  Online-Umfrage   der EU stimmten 84 Prozent gegen eine Zeitumstellung im März und Oktober. Der Großteil tendierte zu ganzjähriger Sommerzeit.

Doch vor dieser warnt Till Roenneberg vom Institut für Medizinische Psychologie der Uni München mit eindringlichen Worten: „Man erhöht die Wahrscheinlichkeit für Diabetes, Depressionen, Schlaf- und Lernprobleme – das heißt, wir Europäer werden dicker, dümmer und grantiger.“

Die Verfechter der ganzjährigen Sommerzeit weisen auf die wirtschaftlichen Vorteile hin. Längere Tage würden die Kaufbereitschaft der Menschen steigern. Besonders der Tourismus würde davon profitieren. Arbeitsmediziner Erich Pospischil räumt aber ein: „Die Arbeitsleistung würde insgesamt abnehmen.“ Denn:  Die ständige Sommerzeit bedeutet, dass Berufstätige im Herbst und im Winter länger im Dunkeln unterwegs sind. „Wir bekommen nicht genug Sonnenlicht, wenn es  am Weg in die Arbeit und am Weg nach Hause immer  dunkel ist.“ Michael Saletu, Schlafmediziner am LKH Graz Süd-West: „Unsere innere Uhr braucht Licht, um sich zu kalibrieren – sonst ist der Mechanismus gestört.“ Außerdem prognostiziert er ein Schlafdefizit bei einer endgültigen Umstellung auf die Sommerzeit.

Winterzeit ist besser

Aus schlafmedizinischer Sicht sei die Winterzeit besser für unser Wohlbefinden – da sie unserem Schlaf-Wach-Rhythmus mehr entspreche. „Die Sommerzeit bedeutet im Grunde, dass wir weniger Schlaf bekommen und eine Stunde früher in die Arbeit müssen.“ Denn: Die meisten Menschen würden trotzdem nicht früher schlafen gehen.

Mehr negative Folgen für den natürlichen Rhythmus des Menschen sehen viele Schlafforscher  im Zeitwechsel. Saletu: „Die ständige Zeitumstellung ist für unsere innere Uhr eine enorme Belastung– das ist wie ein Mini-Jetlag.“ Nach jeder Zeitumstellung brauchen wir über eine Woche, um uns daran zu gewöhnen. Für Kinder und ältere Menschen dauere der Prozess noch länger.  Auch Stefan Seidel– Leiter des Schlaflabors im AKH Wien – wünscht sich eine Festlegung auf eine Zeit: „Ob das die Sommer- oder die Winterzeit ist, ist mir relativ  egal.“    

Gescheiterter Versuch

Ein Negativbeispiel für dauerhafte Sommerzeit gibt es bereits: 2011   führte der damalige russische Präsident Dmitri Medwedew die ganzjährige Sommerzeit ein. Viele Russen berichteten von Übermüdungserscheinungen und Depressionen. Bereits drei Jahre später wurden die Uhren wieder umgestellt – diesmal auf die permanente Winterzeit.

Saletu hält eine ewige Winterzeit in Mitteleuropa für die beste Lösung. Allerdings hänge das von der geografischen Lage ab: „In Island, wo es nur wenige Sonnenstunden gibt, ist das vielleicht weniger ideal.“ Insgesamt hält er die jahrelange Debatte um unsere Zeit aber für einen „Sturm im Wasserglas“.

 

Schlafforscher Gerhard Klösch sieht in der Zeitumstellungsdebatte Potenzial:

"Warum eigentlich, Herr Klösch?"

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