Die Werkzeugkiste der Chirurgen

Operation am Unterschenkel, Lorenz-Böhler-UKH 2012
Marknagel-Entfernung: Bilder aus dem Operationssaal
Die Werkzeugkiste der Chirurgen

Gleich geht's los

Wien, Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus der AUVA, im Vorraum zum Operationssaal. Nach einer hübschen Teilrasur und Verabreichung eines Beruhigungsmittels wird die Spinalanästhesie („Kreuzstich“) vorgenommen. Minuten später spüre ich von der Körpermitte abwärts nichts mehr und kann angeschnitten werden.

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Check, re-check, double-check!

Die Operationsstellen werden schon bei der Aufnahme am Vormittag wie auf einer Schatzkarte markiert. Dazu immer wieder die Frage nach Namen und Geburtsdatum, schließlich sollen unangenehme Verwechslungen ausgeschlossen werden. Sicherheit ist naturgemäß ein großes Thema: Mein Bein wird vier Mal desinfiziert, und die Chirurgen tragen zwei Paar Handschuhe übereinander. Achtung, es folgen nun etwas blutigere Fotos…

Die Werkzeugkiste der Chirurgen

Echte Teamarbeit

Insgesamt schwirren acht Personen um mich herum. Während die Anästhesistin die Vitalfunktionen überwacht, legen zwei Chirurgen direkt Hand an. Dazu kommen die Anästhesieschwester, die Beidienstschwester, die Instrumentenschwester, der Röntgenassistent und der OP-Gehilfe.

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Sechs Schrauben für einen Nagel

Zu Beginn werden fünf der sechs Verriegelungsschrauben entfernt, die den Marknagel in seiner Position halten. Eine Schraube wird vorerst nur gelockert, um den Rotationsschutz zu gewährleisten. Das Werkzeug der Chirurgen unterscheidet sich nicht großartig von jenem, das der durchschnittliche Heimwerker zuhause hat. Natürlich ist es aus speziellem Material und kostet ein Vielfaches, aber für mich ist kein Unterschied zu bemerken.

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Blicke ins Innere

Mit einem Fußschalter kann der Operateur laufend neue Röntgenaufnahmen auf den Bildschirm holen, weshalb ich auch eine Bleischürze trage. Durch diese Schnappschüsse kann ich den Eingriff praktisch live mitverfolgen, obwohl mir die Sicht auf die Operationsstelle durch ein Tuch genommen wird. Dieses soll die Gefahr von Infektionen mindern – ich werde aber den Verdacht nicht los, dass es mich auch davon abhalten soll, angesichts des kleinen Gemetzels doch noch in Ohnmacht zu fallen.

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Eine kleine Komplikation

Der Kopf einer Schraube ist abgebrochen. Titan ist eben ein vergleichsweise weiches Material, wird aber gegenüber dem schlechter verträglichen Stahl für Implantate bevorzugt. Die Ärzte (im Bild: Dr. Yves Schaden) erklären mir zwei Varianten: Der Schraubenrest kann im Knochen belassen werden, weil er dort nicht weiter stört – dafür entscheiden wir uns somit auch. Alternativ wäre es möglich, die Schraube zu überbohren, dabei könnten freilich Knochensplitter Verletzungen verursachen.

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Schluss mit lustig,...

jetzt geht’s ans Eingemachte. Das Knie wird an der Unterseite geöffnet.

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Unglaublich, es tut wirklich nicht weh

Nach dem Spalten der Patellasehne greifen die Ärzte zum Hohlmeißel, um den Schienbeinkopf und den Weg zum Marknagel freizulegen. Ich empfinde nach wie vor keinen Schmerz, aber die Vibrationen beim Einsatz von Meißel und Hammer bekomme ich durchaus mit.

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Gefinkelte Technik

Die Extraktionsschraube wird mit dem Marknagel verbunden. Sie ist das Vehikel, um den Nagel aus dem Knochen zu ziehen. Durch das abgewinkelte Bein kann dieser senkrecht nach oben geholt werden.

Operation am Unterschenkel, Lorenz-Böhler-UKH 2012

Hör mal, wer da hämmert!

Dann wird drauflosgehämmert, dass es nur so scheppert. Um mich abzulenken, frage ich die Anästhesistin, ob sie gelegentlich ein paar Glücklichmacher mitgehen lässt. „Damit würde ich meinen Job riskieren, und ich habe hart gearbeitet, um an dieser Stelle zu stehen“, antwortet sie. „Außerdem brauche ich einen klaren Kopf für die Arbeit und die Patienten.“ Irgendwie doch beruhigend.

Die Werkzeugkiste der Chirurgen

Der Nagel wird aus dem Knochen gezogen

Langsam kommt das gute Stück zum Vorschein, das sich 32 Monate lang als „Schiene von innen“ im Markraum meines linken Unterschenkelknochens befunden hat, um diesen nach einer Fraktur zu stabilisieren. Das Wadenbein ging damals übrigens auch zu Bruch, bedurfte aber keiner operativen Versorgung.

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Die Werkzeugkiste und ein Andenken

Der 37 Zentimeter lange Nagel kostet etwa 300 Euro und wiegt mit den Schrauben gemeinsam keine 150 Gramm. Sorgfältig gereinigt, darf ich das entfernte Metall später mit nachhause nehmen. Interessant ist auch der Blick auf die Werkzeugkiste der Chirurgen im linken oberen Bildteil.

Die Werkzeugkiste der Chirurgen

Saubermachen...

Dann werden die Spuren der Tat mehr oder weniger beseitigt. Die Wunde wird gespült und eine Drainage gelegt. Durch diese fließt einen ganzen Tag lang das Blut ab, das vom verletzten Gewebe des nunmehr hohlen Knochens abgegeben wird. Äußerlich wird noch ein ordentlicher Bluterguss sichtbar werden, der den Unterschenkel für einige Zeit in schillernde Farben kleidet.

Die Werkzeugkiste der Chirurgen

...und Deckel zu!

Nachdem auch die Patellasehne verschlossen ist, werden die Wunden zugenäht und ein Verband angelegt. Nach 19 Stichen bleiben sechs Nähte zurück, die Fäden werden zwei Wochen später gezogen.

Die Werkzeugkiste der Chirurgen

Der Eingriff ist ein Erfolg

Der Eingriff hat eine knappe Stunde gedauert. Alles ist gut gegangen, und ich hüpfe mittlerweile wieder wie ein junges Känguru. An dieser Stelle ein herzliches Danke an das medizinische und Pflegepersonal im Lorenz Böhler!

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