Eltern-Beratung soll vor Fettleibigkeit schützen

Wer als Kind dick ist, bleibt es oft ein Leben lang.
Hilfswerk fordert eine Gratis-Beratung für Eltern, um Übergewicht zu vermeiden.

Die unbestrittene Tatsache, dass immer mehr Kinder zu wenig Bewegung machen und übergewichtig sind, nimmt das Hilfswerk zum Anlass, verpflichtende Beratungen im Rahmen von Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen vorzuschlagen. Wenn der Nachwuchs in Kindergarten und später in Volks- und weiterführende Schule kommt, sollten weitere Gespräche zwischen Eltern und Experten stattfinden.

Die Idee präsentierte Hilfswerk-Präsident Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Wie viele Kinder in Österreich in welchem Ausmaß von Übergewicht betroffen sind, ist statistisch nicht erfasst. Einer bereits 2005/2006 vom Grünen Kreuz für Vorsorgemedizin durchgeführten Studie zufolge hatten damals nur drei von vier Schülern ihr Sollgewicht, jeder fünfte Bub und jedes sechste Mädchen war stark übergewichtig oder sogar adipös.

Viel Wissen, viele Essstörungen

Paradoxerweise gibt es so viel Wissen über gesunde Ernährung, über die Nachteile von Übergewicht und die Vorteile von Bewegung wie noch nie, zugleich aber immer mehr übergewichtige Menschen, Diabetiker und Leute, die von Essstörungen betroffen sind. "Es hat den Anschein: Je mehr Experten, desto größer ist die Verunsicherung", sagte Ernährungswissenschafterin Christina Lachkovics-Budschedl. Ein Manko ortet sie beim Wissen von Eltern, was denn "richtige" Erziehung für ihre Kinder ist.

"Wir müssen anfangen, mit den Eltern zu arbeiten", sagte die Ernährungswissenschafterin. "Gerade Eltern, die selber Probleme haben, neigen dazu, die Verantwortung auf schulische Einrichtungen abzuwälzen." Aus diesem Grund will das Hilfswerk individualisierte Beratungsgespräche durch Fachleute verpflichtend sehen, die dann die Möglichkeit hätten, auf persönliche Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen. Auf diese Weise sollen auch sozial schwache und bildungsferne Schichten erreicht werden.

Fünf Gespräche

Fünf solche Gespräche schlägt Karas vor, bis das Kind zehn Jahre alt ist. Der Mutter-Kind-Pass, dessen Teil die ersten solchen Gespräch werden sollten, sollte nach einem Versprechen der Regierung ja bis Ende dieses Jahres überarbeitet werden, erläuterte der Hilfswerk-Präsident. Die Kosten für die fünf Gespräche werden von der Organisation mit insgesamt 300 Euro pro Kind veranschlagt, die von der öffentlichen Hand übernommen werden sollten. Das käme finanziell günstiger als die Behandlung der Folgen von Übergewicht.

Skepsis zu dem Vorschlag kam aus dem Publikum: Nicht am Wissen scheitere es, meinte Kurt Widhalm, Kinderarzt und Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin. Denn erfahrungsgemäß seien gerade übergewichtige Menschen am besten über das Problem informiert. Eine weitere Befürchtung des Mediziners: "Mit kostenlosen Dingen erreichen wir gar nichts", denn "kostenlos" werde vielfach mit "sinnlos" gleichgesetzt, gab Widhalm zu bedenken.

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