Virologe Drosten in der ZIB 2: "Die Corona-Impfung war eine Rettung"

Am 25. Februar 2020 wurden in einem Innsbrucker Hotel die ersten Covid-Fälle in Österreich gemeldet. Dann überschlugen sich die Ereignisse, mit denen nicht nur die Politik oft überfordert war (man erinnere sich etwa an den „Babyelefanten“). Ab 16. März folgte der erste Lockdown hierzulande. Bis heute verzeichnet Österreich insgesamt 22.500 Todesfälle aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion, viele Menschen leiden noch an Long-Covid.
Der deutsche Virologe Christian Drosten sprach am Dienstag im aufgezeichneten ZIB 2-Interview über die damals gesetzten Maßnahmen – und darüber, was wir fünf Jahre nach Beginn der Pandemie gelernt haben.
"Wenn sich heute jemand mit Corona infiziert, sei das Risiko zu sterben ähnlich wie bei einer Influenza. Hatten jene Kritiker, die die Maßnahmen damals übertrieben fanden, also recht?", will Moderator Armin Wolf zum Einstieg von seinem Gesprächspartner wissen.
Der Experte verneint hier geradeheraus. "Nein, wir hatten während der Pandemie eine rund 20 Mal höhere Sterblichkeit durch Covid." Es sei von Anfang an die Intention gewesen, die Impfung in die Bevölkerung zu tragen und auf den Immunschutz zu setzen. Eine so genannte "Herdenimmunität" hätten wir jedoch noch nicht ganz erreicht, diese würde sich langsam abzeichnen, so Drosten.
Rückblick: Corona-Maßnahmen während der Pandemie
Auch habe es während der Pandemie die Annahme gegeben, das Virus sei vor allem für ältere Menschen und für Personen mit Vorerkrankungen gefährlich, man es sonst aber auch durchrauschen lassen hätte können. "Was wäre passiert, wenn das gemacht worden wäre?", fragt Wolf. "Schlimme Dinge, man sehe sich etwa Länder wie Brasilien an. Dort gab es unter den Verstorbenen auch viele jüngere Menschen. Oder in Norditalien, wo die Maßnahmen erst später umgesetzt wurden," so Drosten, der unterstreicht, dass man in Deutschland und Österreich sehr früh mit der Umsetzung der Maßnahmen dran gewesen sei.
Auch auf die damals umstrittenste Maßnahme geht Moderator Wolf ein: Die Schließung der Schulen. "War das ein Fehler?" Hier hätte man abgewogen, so der Charité-Professor. "Man musste Schulen gegen Arbeitsstätten abwägen. Die Entscheidung landete in einigen Ländern stärker auf Seiten der Schulen."
Auch, dass die damals gefühlt allgegenwärtige Maskenpflicht "sinnlos" oder gar "schädlich" gewesen sei, will der Virologe so nicht stehen lassen. "Es liegen keine Daten liegen vor, die einen Schaden nachweisen." Es sei hingegen eindeutig nachzuweisen, dass Masken gewirkt haben, "insbesondere wenn verpflichtend, weniger wenn auf freiwilliger Basis." Und: FFP2-Masken hätten am effektivsten geschützt.
"Impfung die effektivste Schutzmaßnahme der Medizin"
Auch das große Thema Impfung kommt im Interview zur Sprache. "Wie groß war der Durchbruch durch Impfung?", will Moderator Wolf vom Experten wissen. "Die Impfung ist eine der effektivsten Maßnahmen, die man in der Medizin kennt. Es war eine Rettung!“, so der Virologe. Sie habe damals vor starken Erkrankungen sowie vor Übertragung geschützt. "Wobei manche Schutz-Komponenten aber verloren gegangen sind, wenn das Virus mutierte," räumt der Wissenschaftler ein. Zu jener Zeit, als es aber "besonders darauf ankam, sprich im Herbst 2021", sei der Übertragungsschutz durch die Impfung aber noch sehr gut gewesen. "Zu sagen, dass sie keinen Sinn hatte, ist schlichtweg falsch," so Drosten.
Wer solle sich heute noch impfen lassen? "Leute über 65, möglichst im Herbst, am besten gemeinsam mit der Impfung gegen Influenza." Sowie all jene, die noch nicht drei Antigen-Kontakte hatten (1 Impfung zählt wie eine durchgemachte Infektion. Anm.), rät der Experte.
"Kein guter Blick in die Zukunft"
Moderator Wolf wirft noch das Beispiel Schweden ins Interview: Dort hätte es nie einen allgemeinen Lockdown gegeben, aber trotzdem die niedrigste Mortalität von allen europäischen Ländern während der Pandemie. Wie sei das zu erklären? Der Virologe mahnt, sich hierbei genau die Studien anzusehen - und wann die Zahlen erhoben wurden. Denn: "In der ersten Welle hatte Schweden noch die höchste Sterblichkeit von allen skandinavischen Ländern."
Zum Abschluss möchte Wolf noch einen Ausblick: Wird es bis zur nächsten Pandemie wieder 100 Jahre dauern? "Ich hoffe, ich werde das in meinem Berufsleben nicht mehr erleben. Auszuschließen ist es aber nicht," zeigt sich Drosten vorsichtig. Es würden viele Unsicherheiten bestehen, nicht zuletzt die Tatsache, dass aktuell ein großer Irrglaube gegen die Wissenschaft in manchen politischen Systemen vorherrsche. "Das ist kein guter Blick in die Zukunft."
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