Antibiotikaresistentes Bakterium in Kuhmilch entdeckt
Ein für den Menschen harmloses Bakterium, das in roher Kuhmilch vorkommen kann, ist gegen Breitband-Antibiotika resistent. Das haben Forscher der Uni Bern entdeckt und warnen, diese Antibiotikaresistenz könnte auf krankmachende Bakterien übergehen.
Das Bakterium mit dem Namen Macrococcus caseolyticus kommt auf der Haut von Milchkühen vor und kann beim Melken in die Milch gelangen. Damit kann es auch in Rohmilch und Rohmilchprodukten vorkommen. Bei diesem Bakterium haben Forschende um Vincent Perreten ein Gen entdeckt, das es resistent gegen eine Reihe von Antibiotika macht. Davon berichten sie im Fachblatt Scientific Reports.
Sorge vor Gen-Austausch
Zwar ist Macrococcus caseolyticus für den Menschen harmlos, allerdings tauschen Bakterien mitunter Gene untereinander aus. So könnten auch für den Menschen gefährliche Keime dieses Resistenz-Gen aufnehmen.
Eine ähnliche Resistenz gegen den Wirkstoff Methicillin kommt beispielsweise auch beim Bakterium Staphylococcus aureus vor, das auf der Haut und den Schleimhäuten von Tieren und Menschen lebt. Durch die Resistenz wird es zu einem gefährlichen Keim, der schwer behandelbare Spitalinfektionen auslöst.
Bisher unbekanntes Gen
Bei Macrococcus beruht die Resistenz jedoch auf einem bisher unbekannten Gen, teilte die Uni Bern am Mittwoch mit. Darauf stießen Perreten und sein Team nach mehrjährigen Untersuchungen der Milch von Kühen, die an Euterentzündungen litten.
Diese Entzündungen werden normalerweise mit Penicillin und Cephalosporin behandelt, die wie Methicillin zu den Betalaktam-Antibiotika gehören, schrieb die Uni Bern. Die in der Milch entdeckten Bakterien waren jedoch resistent dagegen, und durch DNA-Analysen entdeckten die Forscher schließlich das neue Resistenz-Gen.
Das besagte Gen macht Macrococcus gegen alle Betalaktam-Antibiotika resistent, wie die Wissenschafter weiter feststellten. Auch gegenüber der neuesten Generation von Breitband-Antibiotika, die zur Behandlung von Spitalinfektionen mit Staphylococcus eingesetzt werden.
Spitalsinfektionen schwerer zu bekämpfen
Es bestehe die Möglichkeit, dass sich auch Staphylococcus aureus das neue Resistenz-Gen aneigne, fürchten die Forschenden. "Da S. aureus und M. caseolyticus sich denselben Lebensraum teilen, könnte dies schon bald in der Natur geschehen", sagte Perreten laut der Mitteilung. Das könnte die Bekämpfung von Spitalinfektionen stark erschweren.
Bisher tauchte das Resistenz-Gen hauptsächlich bei Bakterien bei Kühen auf, wurde aber auch schon bei einem Hund entdeckt, der an einer Hautinfektion litt, berichten die Forscher in ihrem Fachartikel. Das bedeute, dass diese Bakterien verschiedene Tierarten kolonisieren könnten, so Perreten.
Beim Menschen noch nicht nachgewiesen
Beim Menschen wurden zwar noch keine Bakterien mit diesem Resistenz-Gen festgestellt. "Es ist aber zwingend nötig, die weitere Evolution und Ausbreitung dieses neuen Resistenz-Gens bei tierischen wie auch menschlichen Bakterien zu beobachten", sagte der Veterinär-Bakteriologe der Uni Bern. Um zu vermeiden, dass sich diese neue Resistenz ausbreite, müsse der unangemessene Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier dringend eingeschränkt werden.
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