Alpbacher Gesundheitsgespräche: Das Potenzial der Telemedizin

Symbolbild
Die Umsetzung von Disease Management Programmen ist weniger Frage der Technik als der Organisation und Einstellung.

Die Telemedizin mit der gesundheitlichen "Überwachung" von chronisch Kranken und der Umsetzung von Disease Management Programmen ist weniger eine Sache der Technik: Organisation und Einstellung der Beteiligten sind entscheidend, hieß es Montagnachmittag bei einer Partner-Veranstaltung der Alpbacher Gesundheitsgespräche (Bundesländer Tirol und Steiermark).

"Digital Healthcare: Disease Management Programme mit Telegesundheitsdiensten als ELGA-Anwendungen" lautete der Titel. Die Bundesländer Steiermark und Tirol wollen auf diesem Gebiet als "Frontrunner" in Österreich fungieren, wie der Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) erklärte. Auf deren Programm steht auch der Austausch über Projekte.Clemens Martin Auer, Sektionsleiter im Gesundheitsministerium und seit Jahren mit ELGA betrauter Spitzenbeamter, sieht die Finanzierung der Infrastruktur für die Telemedizin der Zukunft als Aufgabe: "Wir brauchen dringend einen riesigen Investitionsschub in Digital Health. Da werden wir Geld in die Hand nehmen müssen. Wir werden die Gesundheitsdiensteanbieter nicht allein lassen können." In Österreich läuft die elektronische Gesundheitsakte laut Auer bereits für rund fünf Millionen Krankenversicherte. Eingespeichert sind derzeit etwa 15 Millionen Dokumente.

Pilotprojekte

In Tirol wurde mittlerweile ein "Herz Mobil Tirol"-Telemedizin-Projekt in die Regelfinanzierung im Gesundheitswesen übergeführt. Herzinsuffizienzpatienten erhalten ein speziell konfiguriertes Handy und speichern täglich Gewicht, Blutdruck, Herzfrequenz und eine Bewertung des Befindens ein. Bei Überschreiten von Grenzwerten gibt es Alarm, auf jeden Fall überwacht ein Arzt einmal pro Woche die eingetroffenen Informationen. "Damit kann man die Dekompensation (akute Verschlechterung einer chronischen Herzschwäche mit notwendigen Spitalsaufenthalt; Anm.) verhindern", sagte Momen Radi, Internist und Sektionsobmann der niedergelassenen Ärzte in Tirol. Die Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau (VAEB) hat im steirischen Mürztal in einer Region mit rund 100.000 Einwohnern ein Disease Management Programm für Diabetiker als Pilotprojekt per Telemedizin auf die Beine gestellt. Die Laborwerte sowie der Plan für die regelmäßigen Untersuchungen etc. ist hinterlegt. "Derzeit haben wir rund 200 Teilnehmer", sagte VAEB-Generaldirektor Kurt Völkl gegenüber der APA. Man kann davon ausgehen, dass wohl jeder Kassen-Allgemeinmediziner mindestens rund 50 Diabetiker betreut. An sich sei die Software-Technik für solche Systeme seit Jahren vorhanden und einfach. Doch, wie Völkl erklärte, die Anwendung des Diabetes-Programms bei niedergelassenen Ärzten erfordere eben auch eine Änderung des Geschäftsmodells der Ärzte. Das Programm dürfe nicht hinzu kommen, sondern müsse in einen dementsprechend geänderten Ordinationsablauf eingebaut werden.

Startschuss für die Telemedizin

Wahrscheinlich wird auch der derzeit stattfindende Generationswechsel bei den niedergelassenen Ärzten dafür sorgen, dass die Telemedizin in Österreich schneller in Gang kommt - nicht als "Add-On", sondern als integraler Bestandteil des Berufsbildes. Rechtliche Hürden für die Anwendung der Telemedizin in der Routinemedizin in Österreich gibt es derzeit keine, meinte der dafür zuständige Sektionsleiter im Gesundheitsministerium, Gerhard Aigner. Der Arzt sei zwar verpflichtet, seine Tätigkeit "persönlich und unmittelbar" auszuüben, eine Berufsausübung per Telemedizin schließe das nicht aus. Qualitätskriterien und Haftungsfragen veränderten sich dadurch nicht, meinte Aigner.

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