Was Sie über den hochresistenten Keim wissen müssen
In der Linzer Landesfrauen- und Kinderklinik ist ein Säugling vermutlich an dem hochresistenten Keim Acinetobacter gestorben, der KURIER berichtete. Der Keim kann Wundinfektionen, Lungenentzündungen und Meningitis auslösen. Für gesunde Menschen sei der Keim harmlos, betonte Spitalsbetreiber gespag in einer Aussendung. Für Geschwächte - wie das bei dem betroffenen Kind der Fall war - allerdings nicht. Hochresistent bedeutet, dass verschiedenste Antibiotika nicht mehr wirken.
Erst im November warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor zunehmenden Bakterien-Resistenzen, die eine Behandlung immer schwieriger machen. Jedes Jahr sterben laut WHO rund 700.00 Menschen, weil Antibiotika gegen bestimmte Bakterien nicht mehr wirken. In der EU sind es rund 25.000 Menschen, die nach einer Infektion mit antibiotikaresistenten Bakterien jährlich versterben.
Globale Krise
In der Warnung der WHO heißt es, dass die Antibiotika-Resistenz eine „globale Gesundheitskrise“ sei. „Sie erreicht in allen Teilen der Welt ein gefährliches Ausmaß“, sagte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan. Viel zu viele Menschen seien noch immer nicht darüber informiert, wie Resistenzen entstehen und was dagegen getan werden kann. Oft verlangen Patienten beim Arzt direkt nach Antibiotika, obwohl diese gar nicht notwendig seien, etwa bei grippalen Infekten, die zu 80 Prozent durch Viren ausgelöst werden. Drei von vier Patienten wissen aber nicht, dass Antibiotika bei Virusinfektionen völlig wirkungslos sind – sie helfen nur gegen bakterielle Infektionen.
Patienten verlangen Antibiotika
Viele Patienten sind unzufrieden, wenn der Arzt ihnen keine Antibiotika verschreibt. Das zeigt auch eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Großbritannien. Allgemeinmediziner, die 25 Prozent weniger Antibiotika verschrieben als der Durchschnitt, hatten weniger zufriedene Patienten als ihre Kollegen. „Allgemeinmediziner fühlen oft einen Druck, ihren Patienten Antibiotika zu verschreiben – und können dem nur schwer widerstehen. Ärzte, die weniger verschreiben, benötigen mehr Unterstützung“, sagte Studienautor Mark Asworth vom King’s College London der BBC.
Tim Ballard, Vizepräsident des „Royal College“ der britischen Hausärzte, brachte es auf den Punkt: „Wir werden verdammt, wenn wir viele Antibiotika verschreiben – und wir werden verdammt, wenn wir das nicht tun. Es ist entmutigend, dass Ärzte, die hart arbeiten, um nicht angebrachte Verschreibungen von Antibiotika zu reduzieren, in den Zufriedenheitswerten bei ihren Patienten fallen.“
Problem in Österreich
Auch in Österreich gibt es dieses Problem: Obwohl der Großteil der Atemwegsinfektionen von Viren verursacht wird, erhalten mehr als 60 Prozent der betroffenen Kinder ein Antibiotikum, ebenfalls oft auf Druck der Eltern, stellte kürzlich ein Kinderarzt fest. Und am häufigsten werden Antibiotika am Freitag verschrieben – um auf Nummer sicher zu gehen. Auch müde Ärzte verschreiben mehr als ausgeschlafene – um sich Diskussionen zu ersparen. Auch bei jüngeren Frauen und älteren Männern seien die Antibiotika-Verschreibungen sehr hoch, meinte Prim. Univ.-Doz. Petra Apfalter Ende 2014, Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für Antibiotikaresistenz in Österreich. Durch Zuwarten und Schonen könnte man in vielen Fällen Antibiotika einsparen.
Österreich liegt bei der Häufigkeit von Antibiotika-Resistenzen im europäischen Mittelfeld. Experten sagen, es komme auch bei uns zu Infektionen, wo kein Reserveantibiotikum mehr zur Verfügung stehe, aber dies seien noch Einzelfälle. In den allermeisten Fällen könnten die Patienten gut behandelt werden und stünden auch bei Resistenzen eines Medikaments auch andere Präparate zur Behandlung zur Verfügung. Laut Gesundheitsministerium werde die Häufigkeit von Resistenzen genau überwacht.
Die Linzer Landes-Frauen- und Kinderklinik hat für besorgte Eltern, die sich nicht sicher sind, ob sie oder ihr Kind potenziell mit dem gestern bekanntgewordenen Krankenhauskeim in Berührung gekommen sein könnten, heute, Freitag, 11.12.2015 zwischen 09:00 Uhr und 12:00 Uhr eine
Servicetelefonnummer eingerichtet, unter der Eltern entsprechende Auskünfte erhalten können.
Die Telefonnummer lautet: 050 55463- DW 22712
„Potenziell betroffen können nur Kinder und Eltern sein, die sich im Zeitraum von 19. November bis 10. Dezember 2015 in der chirurgischen Intensivstation aufgehalten haben. Alle anderen Spitalsbereiche sind nicht betroffen“, sagt Jutta Oberweger, Pressesprecherin der gespag.
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