Der Traum von einer Schatzinsel
Da sollen die Pleitegeier ruhig kreisen, Zypern wähnt sich trotzdem als Schatzinsel. Grund dafür sind gigantische Rohstoffvorkommen, die sich vor der Südküste im Meeresboden verbergen sollen. Öl, aber vor allem Gas, soll in einer solchen Menge vorhanden sein, dass Zypern seinen Eigenbedarf auf Jahrzehnte decken und zudem reichlich exportieren könnte.
Im Oktober 2011 ließ Zypern die US-Firma Noble Energy Probebohrungen im Meer durchführen. Vor der Südküste gibt es 13 Offshore-Sektoren; im „Aphrodite-Feld“ (Block 12) wurde das Unternehmen fündig: Das große Los war ein Feld mit geschätzten 255 Milliarden Kubikmetern Erdgas. 2018 will Noble mit der Förderung beginnen. Der damalige Präsident Zyperns, Dimitris Christofias, sah schon alle Geldprobleme der Insel gelöst und sprach von einem historischen Moment. Doch der US-Konzern will erst nach weiteren Bohrungen entscheiden, wie lohnend der Abbau ist.
Inzwischen vergibt Zypern Konzessionen; etwa an ein Konsortium der italienischen Eni und der südkoreanischen Kogas. Mit Total sind die Franzosen mit im Boot. Allein die Konzessionen haben über 170 Mio. Euro in zypriotische Kassen gespült. In zwei Jahren soll mit dem Bau eines Gas-Terminals begonnen werden.
Wirtschaftszonen
Mit Israel, Ägypten und Libanon hat sich Zypern auf exklusive Wirtschaftszonen im Mittelmeer verständigt – energiepolitische Partnerschaften, um die jeweiligen Zugehörigkeiten abzugrenzen. Doch der große Haken daran: Die Rechnungen beruhen auf Schätzungen. Zudem liegt das Gas sehr tief im Meeresboden, was die Förderung riskant macht. Binnen drei Jahren soll Klarheit über die Vorkommen geschaffen werden. Dann müssen sie erschlossen und die Infrastruktur ausgebaut werden. Das kann Jahre dauern.
Doch schon jetzt wird über den Nutzen künftiger Gaseinnahmen spekuliert – etwa bei der Diskussion, neue Kredite abzusichern oder Schuldscheine auszustellen. Normalerweise rechnen Staaten künftige Einnahmen erst mit ein, wenn Sicherheit über Reserven und Produktionsmöglichkeiten herrscht.
Das ist nicht das einzige Problem: Die Türkei stellt Ansprüche. Die Ressourcen sollten zwischen Süden und türkischem Norden geteilt werden – und das auch erst, wenn das Problem der Teilung gelöst ist, heißt es aus Ankara. Die Türkei hat Unternehmen wie Eni verwarnt, sollten sie sich weiter engagieren. Ankara hat schon mit Probebohrungen begonnen. Ohne politische Lösung wird eine lukrative Förderung schwierig.
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