Zwischen Billigschnitzel und Werbeschmäh

Von wegen Landidylle: Kühe geben heute zehn mal mehr Milch als vor 100 Jahren
Hohe Tierschutzstandards und Billigpreise passen nicht unter einen Hut.

Die Kunden wollen alles: Biofleisch von glücklichen Weiderindern, Milch von Kühen, die täglich per Hand gemolken werden, und das ganze am besten um kein Geld. Die Realität sieht anders aus.

Die wenigsten Kühe haben heute noch Hörner, neun von zehn Tieren kommen nie aus dem Stall, weil das ein Mehraufwand wäre, den der Konsument nicht zu zahlen bereit ist. Kunden wollen billig einkaufen, mit hohen Tierwohlstandards lässt sich das nicht vereinbaren. Am Dienstag haben sich österreichische Landwirtschaftsvertreter dennoch für mehr Tierwohl in der Produktion ausgesprochen.

Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes verknüpft dieses Bekenntnis mit der Forderung, dass höhere österreichische Standards zumindest in der öffentlichen Beschaffung verpflichtend vorgeschrieben werden. Wenn das Tierwohl ein ernsthaftes Anliegen ist, müssen Schulen, Kasernen, Krankenhäuser oder Altersheime ihren Lebensmitteleinkauf künftig nach dem Bestbieter- und nicht mehr nach dem Billigstbieter-Prinzip ausschreiben, so sein Standpunkt.

Mit hohen Tierschutzstandards in Österreich ist nur auf dem ersten Blick viel gewonnen, wie das Beispiel Putenfleisch zeigt: Weil heimische Bauern den Tieren viel mehr Platz in den Ställen zugestehen als ausländische Mäster, sind sie international nicht konkurrenzfähig. Es drängt immer mehr Billigware aus ausländischen Industrieställen nach Österreich – gleichzeitig sperren heimische Betriebe zu.

Der Markt für agrarische Produkte funktioniert längst international. Einen Container nach Schanghai zu verfrachten kostet nicht mehr als einen Laster nach Rom zu schicken, sagen Molkereivertreter. Der Grund: Die Schiffe bringen Ware aus asiatischen Fabriken nach Europa und fahren mehr oder weniger leer zurück. Deswegen ist es relativ billig, Richtung Schanghai zu transportieren.

Turbokühe

Im April sind die Milchquoten gefallen – das heißt, jeder Bauer kann jetzt so viel Milch liefern wie er will. Die Kühe sind längst auf Höchstleistung getrimmt. Vor hundert Jahren gab ein Muttertier rund 1000 Liter Milch im Jahr, heute sind es durchschnittlich zehn Mal so viel. In den Agrarfabriken von Holland oder Dänemark werden Tiere gehalten, die um die 30.000 Liter im Jahr liefern. Alt werden diese Hochleistungstiere nicht – nach durchschnittlich fünf, sechs Jahren landen sie im Schlachthof und letztlich oft in einem Burger, der zu Lockpreisen verkauft wird.

Von der Besamungsstelle bis zum Schlachthof versuchen alle entlang der Produktionskette das Maximum aus den Tieren herauszupressen, um Konsumenten Billigstpreise zu bieten. Die Sendung Am Schauplatz hat sich auf Spurensuche quer durch Österreich begeben, um zu erkunden, wie es der Hochleistungskuh geht. Zu sehen am 12.11, 21.05 auf ORF2.

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