Zu alt für den Job? "Alt sind nur die Vorurteile"
Kurios. Die Österreicher werden immer älter, aber das ideale Lebensalter für den Arbeitsmarkt scheint trotzdem zu sinken. Wer über 50 ist, gilt für Unternehmen als "zu alt" für einen neuen Job, obwohl schon 2020 jeder dritte Arbeitnehmer in Österreich über dieser Altersschwelle sein wird. "Wirklich alt sind nur die Vorurteile", meint AMS-Vorstand Johannes Kopf und startete eine neue, 600.000 Euro teure Image-Kampagne gegen den Jugendwahn am Arbeitsmarkt. Der KURIER klopfte die gängigsten Vorurteile auf ihren Wahrheitsgehalt ab.
1. Ältere finden keinen Job mehr.
Von wegen. Die Jobsuche dauert bei über 50-Jährigen länger – im Schnitt 132 Tage –, ist aber keineswegs aussichtslos. Allein heuer fanden bisher 80.565 arbeitslose über 50-Jährige über das AMS eine neue Stelle, darunter 26.000 Frauen. Aber: Jede vierte neue Stelle ist ein vom AMS geförderter, also mitunter nur befristeter, Job. Wenn die Konjunktur wieder anzieht, sind sich Experten einig, werden auch Ältere wieder vermehrt eingestellt. Auch deshalb, weil weniger Junge nachkommen.
2. Ältere sind zu teuer.
Im Vergleich zu Jüngeren mit ähnlicher Qualifikation haben sie einfach schlechtere Karten. Das Hauptargument für eine Nicht-Anstellung wird von vielen Arbeitgebern aber gar nicht mehr überprüft. Das gibt auch Erste-Bank-Österreich-Chef Thomas Uher zu. "Ich dachte, ein älterer Bewerber würde sich in dieser schlechter bezahlten Stelle unglücklich fühlen." Ein Vorurteil, wie sich nach der Einstellung zeigte. "Er ist hochmotiviert." AMS-Chef Kopf stellt klar: "Ja, Ältere müssen mit Lohneinbußen rechnen." Viele sind aber durchaus bereit dazu, bekommen jedoch erst gar keine Chance. Das AMS federt Gehaltshürden mit großzügigen Eingliederungsbeihilfen ab. Betriebe erhalten bis zu 50 Prozent der Lohnkosten für einen bestimmten Zeitraum (meistens drei Monate lang) ersetzt, wenn sie über 50-Jährige einstellen. Die Voraussetzung einer 6-monatigen Arbeitslosigkeit dürfte bald fallen.
3. Ältere sind leistungsschwächer.
Das stimmt nur bei rein körperlicher Leistungsfähigkeit. "Die sozialen und mentalen Fähigkeiten sind dafür höher", weiß Irene Kloimüller von der Agentur Wertarbeit, die Firmen bei der altersgerechten Arbeitsgestaltung berät. Berufserfahrung helfe, die Arbeit besser zu bewältigen, Ältere können besser mit kritischen Situationen umgehen, sind gelassener und haben ein besseres Urteilsvermögen.
4. Ältere sind nur schwer zu kündigen.
Einen expliziten Kündigungsschutz gibt es nicht. Ältere Arbeitnehmer können aber eine Kündigung wegen Sozialwidrigkeit beim Arbeitsgericht anfechten. Diese Sozialwidrigkeitsklausel gilt aber erst nach zwei Jahren Beschäftigung.
5. Ältere sind öfter krank.
Das stimmt nicht generell, trifft nur bei Langzeitkrankenständen zu. Rechnet man Kuraufenthalte heraus, wird laut Kloimüller der Unterschied zu den Jüngeren deutlich geringer. Bei entsprechend altersgerechten Arbeitsplätzen und motivierten Mitarbeitern gibt es keine signifikanten Unterschiede bei den Krankenständen.
Ältere nehmen den Jüngeren die Jobs weg.
Zahlreiche Studien widerlegen diesen Mythos. Steigende Beschäftigung bei Älteren bedingt keinen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit. Jobs werden nicht einfach ausgetauscht, der Arbeitsmarkt ist kein abgeschlossener Bereich. Grund für Jugendarbeitslosigkeit sind vor allem schlechte Qualifikationen.
Alle Informationen zur AMS-Kampage finden Sie hier
Gute Nachrichten für die Finanzierung des Pensionssystem. Die Beschäftigungsquote (exkl. Arbeitslose, Anm.) bei den über 60-Jährigen steigt am stärksten von allen Altersgruppen. Waren 2011 erst 13,4 Prozent der 60plus im Erwerbsleben, so waren es 2015 (Durchschnittswert von Jänner bis August) schon 19 Prozent. Im August kletterte die Zahl der unselbstständig und selbstständig Beschäftigten sogar erstmals seit Jahrzehnten wieder über die 20-Prozent-Marke.
Mit zunehmender Beschäftigung steigt auch die Arbeitslosenquote. Diese ist aktuell bei den 60plus mit 13 Prozent am höchsten und generell bei den über 50-Jährigen etwas höher als die allgemeine Quote. Leicht entspannt hat sich hingegen die Situation bei den jüngsten Arbeitskräften – auch deshalb, weil schlechter qualifizierte Jugendliche in staatlichen Ersatzlehrstellen ihre Ausbildung absolvieren können.
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