Nobelpreisträger Stiglitz kritisiert Schäuble

Nobelpreisträger Stiglitz kritisiert Schäuble
US-Starökonom legt Deutschland den EU-Austritt nahe.

Der US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat die deutsche Bundesregierung für ihren Sparkurs in der Eurokrise scharf kritisiert. "Die Vorstellung, dass man durch eine strikte Sparpolitik zu Vollbeschäftigung und Wohlstand zurückkehren kann, wird von den meisten Ökonomen zurückgewiesen", sagte Stiglitz der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview.

"Sie scheint aber in der Bundesregierung und insbesondere im Finanzministerium die vorherrschende Sichtweise zu sein." Die Sparpolitik stehe im Widerspruch zu den "Reformen, die die Eurozone braucht", sagte der frühere Chefvolkswirt der Weltbank und legte Deutschland gar einen Austritt aus der EU nahe: "Der leichteste Weg wäre es, wenn Deutschland Europa verlässt."

Er würde dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gerne sein neues Buch "Europa spart sich kaputt: Warum die Krisenpolitik gescheitert ist und der Euro einen Neustart braucht" schenken, sagte Stiglitz. "Aber ich bin sicher, dass mein Buch ihn nicht überzeugen wird."

Problem Eurozone

Der einstige Wirtschaftsberater des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton hat die deutsche Haltung in der Eurokrise in der Vergangenheit immer wieder kritisiert und hält die Eurozone für eine Fehlkonstruktion. Im Gespräch mit AFP machte der 73-jährige Starökonom den Euro für wirtschaftliche Stagnation, Arbeitslosigkeit und den Aufschwung rechtspopulistischer Parteien in Europa verantwortlich.

Der Euro sei "für einige wenige Menschen und für Bänker gut, die Geld leichter umherbewegen können". "Er ist weniger gut für die normalen Menschen in der Eurozone, die unter einer trägen Wirtschaft und hoher Arbeitslosigkeit leiden." Von der Wirtschaftskrise wiederum würden Rechtspopulisten profitieren.

Schon die Einführung des Euro sei falsch verlaufen. "Sie haben das Pferd von hinten aufgezäumt", sagte Stiglitz. "Sie haben versucht, den Euro zu schaffen, bevor sie die Institutionen hatten." Die Einheitswährung habe es den Mitgliedstaaten dann unmöglich gemacht, über eigene Wechselkurse und Zinsen notwendige wirtschaftspolitische Anpassungen vorzunehmen.

Der Nobelpreisträger des Jahres 2001 kritisierte zudem starre Vorgaben wie den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt. "Wenn die Regeln falsch sind, muss man die Regeln ändern. Wenn man falsche Regeln hat, führt das zu einer Katastrophe." Bei Vorgaben wie der Drei-Prozent-Defizitgrenze handle es sich nicht "um die Zehn Gebote, die Gott am Berg Sinai übergeben hat".

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