Wirtschaftsinitiative probt Aufstand gegen EU-Lieferkettengesetz
Österreichs Wirtschaft hält die Richtlinie zur Überprüfung der Nachhaltigkeit von Lieferanten für ein EU-Bürokratiemonster. Man will, dass das Gesetz zurückgenommen wird
Eigentlich ist alles schon gegessen. Österreich war zwar immer skeptisch, wenn es um das EU-Lieferkettengesetz ging. Beschlossen wurde es dennoch. Es ist im Sommer auch schon in Kraft getreten. Jetzt haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, das national umzusetzen. So lange will die heimische Wirtschaft aber nicht warten.
Sie macht gegen diese neue EU-Richtlinie mobil. Mit dem Ziel, das Gesetz wieder zu Fall zu bringen. Eine erste Speerspitze dieser Initiative sind vier prominente Vorstände: Kari Ochsner (Ochsner Wärmepumpen GmbH), Günther Ofner (Flughafen Wien AG), Peter Umundum (Post AG) und Michael Strugl (Verbund).
Saubere Lieferkette wird gefordert
Das Lieferkettengesetz wurde beschlossen, um Lieferanten auszuschließen, die etwa auf Kinderarbeit setzen oder gewisse Umweltstandards nicht einhalten. Die Kritik daran ist, dass nun auf die Unternehmen abgewälzt werde, nachzuweisen, dass in dieser Kette keine schwarzen Schafe zu finden sind. Mit ungemein aufwendigen Nachweispflichten und der Androhung von hohen Strafen, wenn bei Lieferanten ein Fehlverhalten aufgedeckt wird.
Kari Ochsner: „Wir dürfen nicht so tun, als gäbe es nicht ohnehin schon viele Vorschriften für unsere Produkte. Das Lieferkettengesetz kommt on top. Irgendwann einmal geht den Unternehmen die Luft aus.“ Nachsatz: „Man muss aufpassen, dass es überhaupt noch Leute gibt, die Unternehmer sein wollen.“
Das EU-Gesetz Die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) verpflichtet Unternehmen, ihre Verantwortung hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte und bestimmter Umweltstandards entlang der gesamten Lieferkette nachzuweisen
Das Inkrafttreten Die Richtlinie ist am 25. Juli 2024 in Kraft getreten. Nun haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in ihr Recht zu überführen
Die Betroffenen In Österreich wären laut einer Studie nur etwa 0,06 Prozent der Unternehmen (mehr als 5.000 Beschäftigte und 1,5 Milliarden Euro Umsatz) direkt betroffen. Laut Statistik Austria wären es genau 1.044 Firmen. Viel mehr könnten aber als Lieferanten größerer Konzerne vertragliche Sorgfaltspflichten auferlegt erhalten
Die Sanktionen Als Strafen können Geldstrafen in Höhe von bis zu 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens verhängt werden
Deregulierung gefordert
Die Überregulierung in der EU stößt auch Günther Ofner sauer auf. Er sieht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gefordert. „Ursula von der Leyen hat versprochen, Berichtspflichten und Regulierungen um 25 Prozent zu reduzieren. Das muss sie einhalten. Bis dahin sollten keine neuen EU-Gesetze durchgewunken werden, weil sonst wird die versprochene Deregulierung wieder auf die lange Bank geschoben“, sagt Ofner.
Er versteht auch nicht, warum die Nachweise über das nachhaltige Produzieren der Lieferanten den Unternehmen umgehängt werden. „Wenn es Länder oder Produzenten gibt, die bekannterweise gegen Vorschriften verstoßen, dann sind die Konsequenzen eine staatliche Aufgabe und nicht die Angelegenheit von Unternehmen.“
Ähnlich sieht das Peter Umundum: „Eine einfachere Möglichkeit wäre, mit einer Blocklist zu arbeiten. Damit wird definiert, welche Unternehmungen den Vorschriften nicht entsprechen und dadurch in der Lieferkette nicht mehr Teil der Lösung sind.“ Für die betroffenen Unternehmen wird es jedenfalls eine große Herausforderung, falls das Gesetz nicht verhindert werden kann. Michael Strugl: „Es wird sehr aufwendig für die Unternehmen. Es werden zusätzliche Personalressourcen benötigt, um die Vorgaben erfüllen zu können.“
Wettbewerbsnachteil befürchtet
Und man fürchtet einen großen Wettbewerbsnachteil, wie Kari Ochsner ausführt: „Man darf nicht vergessen, dass gerade die Industrie in massivem Wettbewerb mit den USA und mit Asien steht. Vorschriften, die für diese Wettbewerber am globalen Markt nicht gelten, erschweren uns das Leben zusätzlich. In Österreich befindet sich die Industrie das dritte Jahr in Folge in einer Rezession. Die Situation ist mehr als ernst.“ Noch mehr Bürokratie würde das weiter verschärfen.
Michael Strugl: „Es geht auch um ein gewisses Augenmaß in der Vorgangsweise. Ich glaube, dass hohe Menschenrechts- und Umweltstandards auch dann gewährleistet werden können, wenn wir in der Umsetzung den Fokus auf mehr Machbarkeit aus Unternehmenssicht legen.“
Auch Klein- und Mittelbetriebe betroffen
Das EU-Lieferkettengesetz will grundsätzlich die großen Unternehmen in die Verantwortung nehmen, wenn es um deren Lieferanten geht. Die hohen Strafen sind auch darauf ausgerichtet. Dennoch geht man in Wirtschaftskreisen davon aus, dass letztendlich auch Klein- und Mittelbetriebe davon betroffen sein werden.
Kari Ochsner: „Es hat ursprünglich geheißen, es trifft nur Betriebe ab einer gewissen Größenordnung. Das ist aber eine Rechnung ohne den Wirt, weil natürlich alle Leitbetriebe, alle größeren Betriebe diese Informationspflichten an ihre Lieferanten weitergeben. Und da sind auch sehr viele Klein- und Mittelbetriebe dabei.“
Wobei Michael Strugl darauf verweist, dass schon jetzt genau geschaut wird, wer die Lieferanten sind: „Grundsätzlich wollen wir natürlich eine gewisse Sorgfalt entlang unserer Lieferkette haben. Wir verlangen auch von Lieferanten und Geschäftspartnern die Einhaltung der Qualitätsstandards und Nachhaltigkeitsprinzipien.“
Die Wirtschaft will jedenfalls den Druck verstärken, um das Lieferkettengesetz zu Fall zu bringen. Günther Ofner: „Das Aus für das EU-Lieferkettengesetz ist eine Forderung an die kommende Bundesregierung, aber auch an die EU-Abgeordneten. Es gibt jetzt andere Mehrheitsverhältnisse in der Kommission und im Europäischen Parlament.“ Hoffnung gibt den Betreibern, dass zuletzt auch der deutsche SPD-Kanzler Olaf Scholz seine Bedenken gegenüber dem Liefergesetz öffentlich geäußert hat. Zitat: „Das kommt weg.“
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