Wirtschaft zum Ausprobieren: WU testet Kundenverhalten

Ben Greiner erforscht im neuen Kompetenzzentrum für Experimentalforschung wirtschaftliches Handeln.
Konzerne sollen durch Simulation von Märkten profitieren.

Wie wirtschaftliches Handeln abläuft, kann seit kurzem auf der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) simuliert und nachvollzogen werden. Dort wurde ein Kompetenzzentrum für Experimentalforschung eingerichtet. "Ein vergleichbares Labor für experimentelle Wirtschaftsforschung gab es bislang nicht," meint Ben Greiner (42), der Leiter des neuen Experimentallabors.

Im neuen Labor können Forscher das wirtschaftliche Handeln von bis zu 32 Versuchsteilnehmern gleichzeitig beobachten. Das ermöglicht es, auch größere Märkte zu simulieren. Realistische Bedingungen können gezielt verändert werden, ohne dabei den Markt zu zerstören. Das ermöglicht Forschern, die Entscheidungsprozesse der wirtschaftlichen Akteure genau zu analysieren. Unter welchen Bedingungen Besitz geteilt wird oder welchen Einfluss Geruch auf die Wahrnehmung von Geschäften und Produkten hat, soll unter anderem im Labor erforscht werden. "Das macht es viel effizienter, Experimente durchzuführen," so Greiner.

Die Idee zum Zentrum gab es auf der WU schon länger. Ausschlaggebend für die Realisierung war aber Greiner: "Ich komme aus der Ökonomie und bei meiner Forschung ist alles experimentell." Ohne das Labor hätte er im Vorjahr nicht die University of New South Wales (Australien) für die WU verlassen.

Gesagt, getan: Mit den Kollegen aus den Bereichen Marketing und Ökonomie wurde ein Konzept entwickelt und das interdisziplinäre Experimentallabor ins Leben gerufen.

Seit März werden bereits Experimente durchgeführt, die richtig großen Projekte werden diesen Sommer erwartet. So will Greiner etwa ein Experiment zum Design von Wahlzetteln starten. Die gewonnenen Forschungsergebnisse sollen in Journalen veröffentlicht werden, die erstmals an das Wirtschaftsministerium gerichtet sind.

Unternehmen erfreut

Abseits davon interessieren sich auch Unternehmen, wie etwa das Online-Auktionshaus eBay für die Wirtschaftsforschung von Greiner. In einem früheren Experiment hat der Forscher die Funktion von Rückmeldungen in Online-Märkten analysiert und kam dabei zu dem Ergebnis, dass negatives Feedback negativ beantwortet wird. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat der Onlinehändler eBay sein Feedback-System geändert: Seither kann ein Verkäufer einem Käufer kein negatives Feedback mehr geben.

Finanziert wird das Labor vom Wirtschaftsministerium und der WU. Das Institut für höhere Studien (IHS) fungiert als Kooperationspartner der WU. Greiner hofft vor allem auf inhaltliche Kooperationen mit dem IHS. Geplant sind gemeinsame Projekte zum Thema "Nudging", also wie man das menschliche Verhalten beeinflusst, um "die Leute zu besseren Entscheidungen zu bringen." Es soll auch "kleinere Geldbeträge zwischen 1000 und 2000 Euro für Studenten- und Doktoratsprojekte geben, um Versuchsteilnehmer zu bezahlen". Diese Startmittel sollen den Forschern ermöglichen, mit ihren Projekten anzufangen und sich erst später um andere Mittel zu bewerben.

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