Wirtschaft von Innen: Cash für Gazprom

Wirtschaft von Innen: Cash für Gazprom
In Aufsichtsratskreisen glaubt man schon länger nicht mehr an den Asset-Swap. "Das ist kein Thema mehr", ist zu hören.

Die Sache dauert verdächtig lange. Im April 2016 präsentierten OMV-Chef Rainer Seele und Gazprom-Boss Alexej Miller in St. Petersburg nach monatelangen Gesprächen die Grundsatzvereinbarung. Die OMV beteiligt sich mit knapp 25 Prozent am riesigen sibirischen Gasfeld Urengoj, Gazprom erhält im Abtausch 38,5 Prozent an den Nordsee-Öl- und Gasfeldern der OMV Norge. Bis Mitte 2017 werde dieser Asset-Swap finalisiert sein.

Anfang August 2018 hoffte Seele auf eine Fortsetzung der Verhandlungen im Herbst. Der Partner Gazprom sei derzeit mit der Fußball-WM beschäftigt ...

Die große Hürde ist allerdings die norwegische Regierung. Das Energieministerium muss den Gazprom-Einstieg genehmigen. Danach sieht es nicht aus. Energie-Minister Terje Soeviknes äußerte sich zuletzt im Mai wieder sehr skeptisch. Man sei über den Deal nicht glücklich, für Europa sei es wichtig zu wissen, dass Norwegen ein zuverlässiger Produzent sei. Mit Gazprom auf dem Schelf (vom Meer überspülter Festlandsockel) könnten das manche Leute infrage stellen. Norwegen ist nach Russland Europas zweitgrößter Gas-Lieferant.

Das Ministerium bestätigte dem KURIER, dass der Antrag immer noch nicht eingereicht ist. In Aufsichtsratskreisen glaubt man schon länger nicht mehr an den Asset-Swap. "Das ist kein Thema mehr", ist zu hören.

Man kommentiere Gerüchte nicht und wolle bis Jahresende eine Lösung, heißt es von der OMV dazu. Alles deutet auf einen Kauf der Urgengoj-Beteiligung hin, was wesentlich rascher ginge als der Asset-Swap. Heute hat die OMV auch die Finanzkraft, einen solchen Deal zu stemmen.

Wirtschaft von Innen: Cash für Gazprom

Stimmt der Kaufpreis, könnte Seele ein gutes Geschäft machen. Das politisch stabile Norwegen und Russland mit allen seinen politischen Risiken liegen beim Gewinn nach Steuern ungefähr gleich auf. In Norwegen sind Produktionskosten und Steuern sehr hoch, aber auch die Erlöse. In Russland ist die Produktion wesentlich billiger, allerdings sind auch die Erlöse pro Einheit deutlich niedriger.

2017 kaufte die OMV um 1,75 Milliarden Euro der deutschen Uniper deren 24,99 Prozent am Gasfeld Russkoye ab und steigerte ihre Produktion schlagartig um ein Drittel. Heuer kommen 100.000 von insgesamt 420.000 boe (Barrel Öläquivalent) pro Tag aus Russland.

Die Hälfte des in Russland geförderten Gases muss zum Inlandspreis verkauft werden. Dieser Tarif wird von einem Regulator festgesetzt, ist aber de facto ein politischer Preis von Putins Gnaden.

Ende Juni 2018 weist Gazprom den durchschnittlichen Inlandspreis netto vor Steuer mit 3,926 Rubel (rund 5 Cent) pro Kubikmeter Gas aus. Der Exportpreis nach Europa liegt bei 13,859 Rubel.

Die OMV gibt die operativen Produktionskosten in Russland mit rund zwei Dollar pro boe an. Wäre umlegt auf Kubikmeter nicht ganz ein Rubel. Investitionen, Abschreibungen und Transport nicht berücksichtigt. Trotzdem, in Summe verdient die OMV in Russland.

Doch seit dem zweiten Quartal 2017 sank der durchschnittliche Gaspreis, den die OMV erzielte, um 16 Prozent. Die Differenz zum Marktpreis (siehe Grafik) vergrößerte sich von 10 auf 40 Prozent.

Neben Hedging-Verlusten sei Russland dafür ausschlaggebend, bestätigt ein OMV-Sprecher. Das Gasgeschäft werde jedoch „wegen der extrem niedrigen Produktionskosten in Russland nicht weniger einträglich“. Der Kapitalmarkt sieht bei den Mitbewerbern bessere Renditen. Während die Konkurrenz zulegte, sank der OMV-Kurs seit Jahresbeginn um 14 Prozent.

Beim Pipeline-Projekt Nord Stream 2 spricht jetzt Uniper, einer der Finanzierungspartner der Gazprom, erstmals über einen möglichen Ausstieg. Im Falle von rückwirkenden US-Sanktionen würde man sich zurückziehen, Uniper könne nicht riskieren, US-Sanktionen ausgesetzt zu sein. Anschließend allerdings relativierte  Uniper diese Aussagen, man bleibe einer der Finanzierungspartner und stehe - wie bisher auch - voll hinter dem Projekt.

Die OMV, die bis dato 465 Millionen Euro investierte, beobachtet die weitere Entwicklung „sehr genau“. Die USA machen bekanntlich Druck, um ihr teures Gas in Europa zu verkaufen.

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