Wirecard: Verschärfte Haftung wäre für Wirtschaftsprüfer "Desaster"
Die als Konsequenz aus dem Fall Wirecard geplante verschärfte Regulierung von Wirtschaftsprüfern in Deutschland droht laut der Branchengröße PwC über das Ziel hinauszuschießen. Dies gelte vor allem für das Thema Haftung, sagte der Sprecher der PwC-Geschäftsführung Deutschland, Ulrich Störk, in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Das wird dazu führen, dass man schwerlich Prüfer mehr finden wird, die ein Unternehmen in einer schwierigen Lage betreuen werden."
In dem vom deutschen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) geplanten Gesetz (FISG) ist unter anderem eine unbegrenzte Haftung bei grober Fahrlässigkeit in der Abschlussprüfung vorgesehen. Das geht dem Koalitionspartner CDU allerdings zu weit.
"Bei einer Pleitewelle, die da möglicherweise auf uns zukommt, stellt sich doch die Frage, warum man sich als Prüfer ins Feuer stellen sollte", sagte Störk. Für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer wäre eine verschärfte Haftung aus seiner Sicht "ein Desaster", weil die Attraktivität leiden würde. Und die damit verbundenen höheren Versicherungsprämien würden mittelgroße Prüfgesellschaften auch nicht zahlen können: "Das heißt, da wird man eher einen gegenteiligen Effekt haben. Da wird es eher zu einer weiteren Konzentration als zu einem breiteren Prüferbild führen."
PwC gehört neben KPMG, Deloitte und EY zum Kreis der 'Big Four' der größten Wirtschaftsprüfer. EY hatte jahrelang die Bücher des einstigen Dax-Konzerns Wirecard testiert, der im Juni 2020 nach der Aufdeckung eines 1,9 Milliarden Euro großen Lochs in der Bilanz pleite ging. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft mehreren Ex-Managern unter anderem gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor.
Störk betonte, es müsse auch mit Blick auf das Regelwerk geprüft werden, was bei Wirecard schiefgelaufen sei: "Verallgemeinerungen helfen hier nicht. Es gibt natürlich eine Abstrahlwirkung auf die Prüfungsbranche." Mit Blick auf den Fall Wirecard wäre es seiner Ansicht nach viel wichtiger, an das Thema 'Governance' ranzugehen: also das Zusammenspiel von Abschlussprüfern, Vorstand und Aufsichtsrat.
Nach den Plänen des Finanzministeriums ist eine zehnjährige Rotation bei den Abschlussprüfern vorgesehen. Zudem sollen neben der Prüfung keine anderen Dienstleistungen mehr angeboten werden dürfen - etwa Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen.
"Gut gedacht ist leider noch nicht gut gemacht", sagte Störk dazu. Das Thema Trennung von Prüfung und Beratung sei für ihn "nicht wirklich ein Problem". Und ein 'Joint Audit' - also ein Zusammenspiel zweier Prüfgesellschaften - führe nicht zu mehr Qualität, sondern zu mehr Komplexität und teureren Prüfungen: "Das bringt keinen echten Mehrwert." Die Zehnjahres-Rotation bei den Mandaten müsse zudem "mit Augenmaß" angegangen werden: "Sich bei einem global aufgestellten Konzern mit hunderten Tochterunternehmen einzuarbeiten und den Sachverhalt zu verstehen, ist extrem komplex."
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