Energiewende in Zinshäusern: „Wir wissen nicht, wie man da hinkommt“
Der Verband der institutionellen Immobilieninvestoren (VII) ist ein loser Zusammenschluss von Versicherungen, Pensionskassen, Immobilienfonds oder Bauträgern. Es geht dabei um langfristige Investitionen in den Immobiliensektor. Der Verband vertritt Anlegerinteressen bei der Gestaltung von gesetzlichen Rahmenbedingungen. Louis Obrowsky ist Geschäftsführer der LLB Immo Kapitalanlagegesellschaft und seit zwei Jahren VII-Präsident.
KURIER: Was verstehen Sie unter einer langfristigen Investition?
Louis Obrowsky: Einige unserer Mitglieder haben Zinshäuser, die vor 140 Jahren gebaut wurden und seit 60 Jahren in ihrem Bestand sind. Die meisten haben einen Zeithorizont von über 20 Jahren. Bei den Versicherungen ist sicher ein großer Anteil Wohnbau dabei. Bei den Immobilienfonds ist es im Regelfall gemischt.
Welche Renditen erwarten institutionelle Investoren?
Mit einem Immobilienportfolio kann man, je nach Ausrichtung, zwischen zwei und vier Prozent erzielen. Das sind relativ bescheidene Renditen und sicher keine Spekulationsgewinne. Es wird gekauft, um es langfristig zu entwickeln und zu halten. Wir werden auch von der Finanzmarktaufsicht kontrolliert.
Es kommt aus der Immobilienbranche immer wieder Kritik an Entscheidungen der Bundesregierung.
Ich mache einen Plan, wie ich die Mieten verwende, etwa für nachhaltige, langfristige Umbauten. Ich gehe davon aus, dass die Mieten alle zwei Jahre valorisiert werden. Ich verstehe die Sorgen, weil das Leben teurer wird. Aber wenn die Valorisierung ausgesetzt wird, dann fehlen mir diese Einnahmen. Im Vollanwendungsbereich des Mietrechts haben wir in Wien einen Richtwert von 6,15 Euro (netto) pro Quadratmeter. Nur im Burgenland ist der Richtwert niedriger. Wir haben große Anforderungen an die Erhaltungspflicht des Eigentümers. Jetzt kommen mit der Energiewende neue Anforderungen dazu. Viele Eigentümer würden gerne in Nachhaltigkeit investieren.
Sie glauben, dass in den Immobilienbestand nicht so viel investiert wird, wie es möglich wäre, weil Rechtssicherheit fehlt?
Vollkommen richtig. Es muss Rechtssicherheit geben. Sowohl im Steuerrecht als auch im Zivilrecht. Nur so sind langfristige Planungen und nachhaltige Investitionen möglich.
Was bedeutet Nachhaltigkeit im Immobilienbereich?
Das bedeutet, dass der CO2-Abdruck eines Immobilienbestandes langfristig möglichst gering sein soll. Das ist fürs Klima besser als ein Neubau. Das geht aber nur mit gesicherten Einnahmen. Die Valorisierung wurde drei Mal ausgesetzt, währen die Erhaltungsanforderungen steigen, etwa Änderungen beim Heizsystem. Dafür braucht man planbare Einnahmen.
Kennen Sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Energiewende im Immobilienbereich?
Nein. Wir kennen sie nicht. Wir wissen, dass es eine Zielvorgabe gibt, die 2040 erreicht werden soll. Wir wissen aber nicht, wie man da hinkommt. Die gesetzlichen Maßnahmen die zwischen dem Klimaschutzministerium und dem Justizministerium, beide unter grüner Führung, ausgehandelt werden müssen, sind nach meiner Wahrnehmung etwas ins Stocken geraten.
Um welche gesetzlichen Vorgaben geht es da?
Sie möchten ein Haus aus der Gründerzeit energetisch sanieren. An der Fassade könne sie wegen Denkmal- oder Ensembleschutz keine Dämmung anbringen. Drinnen dämmen ist schwierig, weil es die Wohnfläche des Mieters verkleinert. Sie müssen mit Mietzinsminderungsforderungen der Mieter rechnen. Ein weiteres Problem ist die Heizung. Fernwärmeanschlüsse sind derzeit nicht möglich, weil die Kapazitätsgrenzen erreicht sind und es in vielen Straßenzügen keine Anschlussmöglichkeit gibt. Wenn ich tatsächlich die Möglichkeit für einen Anschluss habe, dann muss ich schauen, wie ich mit der Leitung ins Haus und zu den Wohnungen komme. Unabhängig davon, dass Fernwärme zu einem großen Teil Gas verbraucht, was wenigen bekannt ist. Es muss Duldungspflichten der Mieter geben, wenn Heizungssysteme geändert werden.
Gibt es in Wien andere Alternativen zu den üblichen Gasthermen als Fernwärme?
Theoretisch ja, praktisch nein. Ich könnte eine Tiefenbohrung machen bis 140 oder 150 Meter. Wie soll das bei einem Gründerzeithaus funktionieren? Bei Luft-Wärme-Pumpen gibt es höchstgerichtliche Entscheidungen, dass der Mieter die Lärmbelastung nicht dulden muss. Möglich wäre Fotovoltaik, wenn die Dachneigung passt. Die erzeugte Menge wird für Stromversorgung und Heizung nicht reichen. Außerdem sind Stromheizungen ineffizient. Auch alle anderen Alternativen passen nicht.
Zinsen und Anleihen steigen. Wird ein Teil der Investoren künftig auf Investitionen in den Immobilienbereich verzichten?
Der reale Abstand bei der Rendite zwischen Anleihen und Immobilien ist in den vergangenen fünfzehn Jahren immer größer geworden. In den vergangenen acht Monaten hat sich der Abstand verkleinert. Wenn die Zinsen weiter steigen, werden bestimmte Investorengruppen darüber nachdenken, Staatsanleihen zu kaufen, wenn sie drei Prozent bekommen. Allerdings bekommen sie den eingesetzten Betrag nur nominal zurück. Bei Immobilien haben sie über die Wertsteigerung langfristig auch die Chance auf einen realen Kapitalerhalt, also einen automatischen Inflationsschutz.
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