Wintersport: Viel Innovation, wenig Nachwuchs
Die Skiindustrie versprüht vor dem Saisonstart Optimismus. "Der Trend zeigt nach oben", so Wolfgang Mayrhofer, Atomic-Geschäftsführer und Sprecher der österreichischen Skiindustrie. "Besonders die Märkte in den USA und Russland haben stark angezogen." Und auch in Österreich sollen heuer 350.000 Paar Alpinski über die Ladentische gehen. Für Mayrhofer ist die Strategie klar: Innovation. "Weil sie neue Impulse liefert - und den Skisport für junge Generationen attraktiv macht." Atomic setzt dabei auf Freeride- und Freestyleskier sowie den Rocker, also breite Allroundskier, die an beiden Enden hochgezogen sind und gute Kontrolle auf Piste und im Tiefschnee erlauben.
Auch beim Mitbewerber Fischer läuft die Auslieferung gut. "Ski ist aber nicht nur Alpinski", meint Geschäftsführer Franz Föttinger. "Touren- und Langlaufski boomen." Die Oberösterreicher setzten ebenfalls voll auf Innovation und feiern mit Skischuhen Erfolge, bei denen Innenschuh und Schale individuell dem Fuß angepasst werden. Druckstellen und Blasen sollen damit der Vergangenheit angehören.
Skimuffel
Das Bemühen um Innovation könnte allerdings von einer ganz anderen Bedrohung ablenken. Denn der Skinachwuchs - in Österreich, aber auch in wichtigen Urlaubsmärkten - droht in Zukunft auszubleiben. "Noch ist der Tourismus wenig betroffen. Aber wir spüren, dass es nicht mehr so läuft wie früher", betont Franz Schenner, Sprecher der Allianz Zukunft Winter, einem Thinktank von Skiindustrie, Seilbahnwirtschaft, Hotellerie und Skilehrerverbänden. Noch lebt die Branche von den Stammgästen. Doch der Skirennsport, lange Zeit ein wichtiger Imageträger, verliert an Bedeutung: "Der Umkehrschluss dort Rennsiege, hier Urlaub hat sich längst verflüchtigt", erklärt Schenner. Zugleich nahm die Zahl der Schulskikurse binnen zwei Jahrzehnten eklatant ab, Migrantenkinder fallen als Zielgruppe weg, die Zahl der Freizeitangebote ist nicht nur durch den Einzug elektronischer Medien in die Kinder- und Jugendzimmer gestiegen.
Die Allianz reagierte mit Aktionen: Das Programm "Skifahren lernen in drei Tagen" etwa, um Neueinsteiger zu fördern. Außerdem wurde ein Büro im Sportministerium eingerichtet, das Schulen bei der Organisation von Skikursen unterstützt. "Der Winterurlaub ist Massentourismus, der vom Massensport Skilaufen lebt", betont Peter Zellmann vom Wiener Institut für Freizeit- und Tourismusforschung. "Das Qualitätssegment, also die, die sich den Skiurlaub einfach gönnen, oder die Jugend mit Freeride und Park & Pipe sind ergänzende Zukunftshoffnungen. Aber das reicht nicht."
In den 90er-Jahren gab es eine erste große Ausstiegswelle aus dem Skisport. "Das waren die heutigen jungen Eltern, die jetzt 30 bis 40 Jahre alt sind. Heute erleben wir nun eine zweite Ausstiegswelle: die ihrer Kinder." Für Zellmann müssen darum vor allem junge Eltern unterstützt werden: "Wir brauchen die Masse - und unterm Strich läuft das über den Preis. Die Seilbahnwirtschaft hört das nicht gerne, aber es geht um preiswerte Angebote, und damit meine ich nicht billig und keinesfalls zum Schleuderpreis."
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