Arbeitsmigration aus Osteuropa lässt nach

Arbeitsmigration aus Osteuropa lässt nach
WIIW: Wirtschaftswachstum in Zentraleuropa weit stärker als in Österreich. Tschechien Spitzenreiter.

Der anhaltende Flüchtlingsstrom sowie düstere Arbeitsmarktprognosen für Österreich wirken offenbar abschreckend für Jobsuchende aus den neuen EU-Ländern. Die zuletzt starke Zuwanderung vor allem aus Ungarn, Polen und Rumänien dürfte daher 2016 etwas nachlassen, glaubt das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW).

Dazu kommt, dass die Wirtschaft in den meisten zentraleuropäischen Ländern deutlich stärker wächst als in Österreich – und die Arbeitslosigkeit sinkt. Tschechien etwa ist mit einem prognostizierten BIP-Wachstum für 2015 von 3,9 Prozent Spitzenreiter in Zentral- und Osteuropa, bei der Arbeitslosenrate mit zuletzt 4,8 Prozent auf Rang 2 in der EU. Auch Ungarn, Rumänien und Polen liegen unter dem EU-Durchschnitt von 9,3 Prozent. "Es gibt weniger Anreize, das eigene Land zu verlassen", meint WIIW-Leiter Michael Landesmann.

Abwanderung

Grund für die sinkende Arbeitslosigkeit in diesen Ländern ist aber zum Teil auch die Abwanderung. In Rumänien zeichnet sich laut WIIW bereits ein größerer Fachkräftemangel ab, auch in Ungarn werden Arbeitskräfte in Teilbereichen wie im Gesundheitswesen knapp. Seit Freigabe des Arbeitsmarktes 2013 zog es viele Rumänen nach Deutschland und Österreich. In Österreich sind aktuell (Stand September) rund 43.000 Rumänen unselbstständig beschäftigt, das sind um 13 Prozent mehr als vor einem Jahr. Dazu kommen mehr als 20.000 selbstständige Personenbetreuerinnen, die in der 24-Stunden-Pflege tätig sind. Bei den Ungarn erhöhte sich die Zahl der Arbeitskräfte im Jahresabstand von 8,8 Prozent auf aktuell knapp 75.000.

Mehr Wachstum

Die WIIW-Ökonomen erwarten für die gesamte Region Mittel-, Ost- und Südosteuropa heuer ein Wachstum von drei Prozent. Das sind 1,5 Prozentpunkte über dem Wachstum der Eurozone. Der wichtigste Wachstumsmotor in der gesamten Region ist nach Ansicht von WIIW-Vizedirektor Mario Holzer der Konsum der privaten Haushalte. Dieses konsumgetriebene Wachstum "korreliert stark mit einer Verbesserung des Arbeitsmarktes". Zum Anstieg des Konsums habe in manchen Ländern auch die Deflation beigetragen, weil dadurch die Reallöhne gestiegen seien.

Weiter Sorgen bereiten die Länder der ehemaligen Sowjetunion, allen voran die Ukraine, die in einer tiefen Rezession steckt. Es gebe hier aber Anzeichen, dass die Talsohle durchschritten wurde, so Holzer. Als generelles Problem für die gesamte Region sieht er die fehlenden Privatinvestitionen. Ein Grund dafür seien die hohe Verschuldung der Unternehmen. Fast überall übersteige die Privatverschuldung massiv jene des Staates. Holzer hofft hier auf EU-Gelder, etwa im Zuge der Umsetzung des "Juncker-Planes" für mehr Investitionen.

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