Wiener-Netze-Chef: "Umstieg zu Erneuerbaren muss schnell gehen"

Thomas Maderbacher (re.) ist gemeinsam mit Gerhard Fida (li.) und Ilse Hirt Mitglied der Geschäftsführung der Wiener Netze
Thomas Maderbacher möchte einen europäischen Wettbewerbsnachteil rasch loswerden und fordert faire Kostenbeteiligung.

Zusammenfassung

  • Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist essenziell für die Wettbewerbsfähigkeit Europas und erfordert erhebliche Investitionen.
  • Die Elektrifizierung setzt Energienetze unter Druck, was Gesetzesänderungen und faire Kostenbeteiligung notwendig macht.
  • Anreize für netzdienliches Verhalten und staatliche Unterstützung sind entscheidend für den effizienten Ausbau der Netze.

"Wie viel darf Versorgungssicherheit kosten?", lautete die Frage einer Veranstaltung des Forum Versorgungssicherheit am Dienstag. "Es gibt die Herausforderung, erneuerbare Energie rasch auszubauen, was große Investments erfordert. Gleichzeitig fehlt das Verständnis dafür, dass Netzgebühren angehoben werden", erläutert Brigitte Ederer, die Sprecherin der Vereinigung, zu der mehrere Netzbetreiber in Österreichs Osten zählen.

Netzausbau und Stabilität gefragt

Das Dilemma sei nicht leicht zu lösen, sagt Thomas Maderbacher, Geschäftsführer der Wiener Netze. "Unser Wirtschaftsstandort braucht zwei Dinge: Wettbewerbsfähige Energiekosten und eine sichere Versorgung." Niedrigere Kosten seien seiner Auffassung nach nur durch eine konsequente Weiterführung der Energiewende möglich.

Die heimische Wirtschaft müsse von fossilen Energiequellen weitgehend unabhängig gemacht werden. "Das ist wichtig für unsere Wettbewerbsfähigkeit." Preise für Erdgas seien in der EU um ein Vielfaches höher als in den USA. Erneuerbare Energien seien mangels eigener, ausreichend großer Gasvorkommen der einzige Weg, um diesen Wettbewerbsnachteil zu eliminieren.

Elektrifizierung stellt Netze vor Herausforderung

Mit der weitreichenden Abkehr von fossilen Energien nehme die Elektrifizierung zu. Das stelle Netze vor eine Belastungsprobe, der sie unbedingt standhalten müssen. "Wenn in einem Privathaushalt der Strom ausfällt, kann das unangenehm sein. In der Industrieproduktion bedeutet es aber einen riesigen Verlust." Teilweise fertige Produkte könnten durch einen Stromausfall etwa nicht weiter verarbeitet werden.

Laut einer Studie des AIT sollten bis 2030 eine Million Elektrofahrzeuge auf Österreichs Straßen unterwegs sein, das wären 20 Prozent aller Pkw. 650.000 Wärmepumpen werden laut der Prognose im Einsatz sein. Rund ein Drittel aller Wohngebäude wären dann mit Wärmepumpen ausgestattet.

Netzentgelte möglichst niedrig halten

Um Netze möglichst effizient auszubauen, seien wichtige Gesetze notwendig, die noch auf ihre Umsetzung warten, etwa das ElWG, das EABG oder das EGG. Was noch fehlt seien Regeln für die Stilllegung von Gasnetzen in Gebieten mit anderer erneuerbarer Versorgung, sagt Maderbacher. Die EU habe dazu schon eine Richtlinie veröffentlicht, die auch in Österreich umzusetzen ist. Ein Entwurf für ein entsprechendes Gesetz fehle aber noch.

Der Ausbaubedarf bei den Energienetzen steige, gleichzeitig seien aber auch Material- und Lohnkosten gestiegen, sagt Maderbacher. "So wie in jeder Industrie." Angesichts dessen die zuletzt gestiegenen Netzentgelte wieder zu senken, sei eine große Herausforderung. Laut dem Wiener-Netze-Chef gibt es aber einige Möglichkeiten, dies zu erreichen. Die wichtigste sei eine faire Beteiligung aller Netznutzer an den Systemkosten. Dazu gelte es, Kostenwahrheit bei Anschlüssen für Erzeuger herzustellen. Abgesehen von der Strommenge solle die benötigte Leistung für die Kostenberechnung stärker herangezogen werden.

Anreize für netzdienliches Verhalten setzen

Gleichzeitig sollte man mit Leistungstarifen systemdienliche Anreize setzen. Auch Flexibilität bei der Stromerzeugung, Speicherung und dem Verbrauch sollte gefördert werden. Für den Erneuerbaren-Ausbau sei eine geeignete Zonierung dringend notwendig. Bei der Finanzierung des Netzausbaus sei der Staat gefordert, für stabile Rahmenbedingungen zu sorgen. Außerdem könnte der Netzausbau stärker vorfinanziert werden.

Schlussendlich hilfreich für die Senkung der Netzentgelte sei auch ein Verzicht auf "Goldplating". Für Energieversorger etwa gesetzlich festzulegen, allen Kunden eine monatliche Rechnung auszustellen, ohne dass diese das verlangen, sei etwa nicht hilfreich. Es bedeute den 12-fachen Aufwand für Strom- und Gasanbieter sowie Netzbetreiber. Auf Kundenwunsch sollte außerdem eine elektronische Rechnung genügen.

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