Die meisten kaufen die Wohnung ohne Kredit
Der kleine Max ist Neo-Wohnungsbesitzer in Wien. Mit neun Jahren wurde er im Vorjahr Eigentümer einer rund 100 Quadratmeter großen Wohnung in der Endemanngasse im 23. Wiener Gemeindebezirk. So steht es im Kaufvertrag. Um die Finanzierung für die 223.000 Euro teure Wohnung musste sich Max freilich keine Sorgen machen. Gekauft hat die Bleibe seine Mutter – ganz ohne Fremdfinanzierung. Das alles kann Roland Schmid, Gründer und Eigentümer von IMMOunited, auf Knopfdruck aus seiner Auswertung der Kaufvertragsabschlüsse abrufen. "Noch vor drei Jahren hat der Obmann der Immobilienwirtschaft in der Wirtschaftskammer gesagt, dass es nie Transparenz geben wird, jetzt haben wir sie", sagt Schmid sichtlich zufrieden. Big Data wird auch in der Immobilienbranche zum großen Geschäft.
Schmid hat nun erstmals ausgewertet, wie viele Neo-Wohnungsbesitzer in Wien für ihr Immobilienprojekt einen Kredit aufgenommen haben. Dafür haben seine Mitarbeiter mehr als 2100 Immobilien-Kaufverträge (im Gesamtvolumen von mehr als 530 Millionen Euro) aus dem Zeitraum erstes bis drittes Quartal 2015 ausgewertet, was einem Drittel der Wohnungskäufe in diesem Zeitraum entspricht. Das Ergebnis: "Tatsächlich wurden nur 38 Prozent der Käufe fremdfinanziert", sagt Schmid.
Den höchsten Finanzierungsbedarf hatte die Altersgruppe der 30- bis 45-Jährigen (54 Prozent der Käufe), die auch insgesamt die stärkste Käufergruppe stellen. Zum Vergleich: Bei den über 65-Jährigen Käufern sind nur knapp vier Prozent der Transaktionen mit einer Hypothek belegt gewesen.
Die Daten zeigen auch, dass knapp die Hälfte (45 Prozent) aller teuren Wohnungen fremdfinanziert werden, in der günstigsten Preisklasse liegt die Quote bei 35 Prozent. Hinzu kommt, dass bei den teuren Wohnungen ein geringerer Teil der Summe aufgenommen wird, so die Analyse, die dem KURIER vorliegt. Wenig überraschend bestätigt sich auch, dass die Jüngeren weniger Budget für ihren Immobilien-Deal haben. In der Gruppe der über 65-Jährigen kostete jede fünfte neu angeschaffte Wohnung mehr als 400.000 Euro, in der Gruppe der unter 30-Jährigen fielen gerade einmal sechs Prozent der Käufe in diese Kategorie.
Bank Austria finanziert am meisten
Wenn es um eine Immobilienfinanzierung geht, werden scheinbar besonders viele Wiener bei der Bank Austria vorstellig und fündig. Schmid: "In etwa einem Viertel der ausgewerteten Kaufverträge steht die Bank Austria im Lastenblatt vom Grundbuch." An zweiter Stelle folgen die Erste Bank und die Sparkassen (21 Prozent), auf Rang drei die Raiffeisenbank (19 Prozent).
Weit abgeschlagen folgen die Bawag und die Volksbank mit jeweils sieben Prozent. Schmid: "Allerdings finanzieren die Bawag und die Volksbank besonders viele unter 30-Jährige", erläutert Schmid. Laut den ausgewerteten Kaufverträgen vergibt die Bawag jeden dritten Wohnungskredit an einen unter -30-Jährigen, bei der Volksbank waren es immerhin 31 Prozent der Fälle, bei der Bank Austria knapp 18 Prozent. Über alle Banken hinweg geht es um durchschnittliche Finanzierungbeträge jenseits der 200.000 Euro.
Unterschiede gibt es freilich auch im Bezirksvergleich. In der Inneren Stadt wurden laut der Analyse in den ersten drei Quartalen 2015 nur 26 Prozent der Wohnungskäufe fremdfinanziert bzw. im Lastenblatt vom Grundbuch vermerkt. Allerdings sind in diesem Zeitraum auch nur 34 Transaktionen ausgewertet, davon jedoch 23 in der Preiskategorie jenseits der 400.000 Euro. Am zweitwenigsten Verkäufe gab es im 11. Bezirk.
Am meisten fremdfinanzierte Wohnungskäufe gab es im 23. und 22. Bezirk, wobei hier vor allem Wohnungen in der Preisklasse zwischen 150.000 und 400.000 Euro den Besitzer gewechselt haben.
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