Wie Urlauber-Postings die Tourismuswerbung verändern

Touristen übernehmen mit Postings die Arbeit der Werber.
Plumpes Marketing hat ausgedient. Wichtiger wird, was Promis und die Gäste selbst sagen.

Die Gäste sind nicht mehr so gutgläubig wie früher, seufzten Touristiker bei der größten Reisemesse der Welt, der ITB in Berlin. Broschüren werden kaum noch gelesen, Videos binnen Sekunden weggeklickt und die Schneekamera am Gipfelhaus belächelt. Jeder weiß, dass dort wo die Kamera ist, auch immer viel Schnee liegt, sagt selbst ein Tiroler Werber.

Werber müssen kreativer werden. "Weniger labern, stattdessen dafür sorgen, dass die richtigen Menschen von einem reden", lautet das Motto von Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner. In Berlin lud er Promis zum Essen mit Konstantin Filippou, Österreichs Koch des Jahres 2016. In Korea kochte Kim Sohyi potenzielle Gäste ein.

Promis für die Promo

Die Orte, von denen Opinion Leader schwärmen, wollen alle besuchen, so die Denke. Deswegen werden Fußballer zum twittern engagiert, Schauspieler posieren in Nobelskiorten. Das scheint zu wirken. Als Kitzbühel Tourismus postete, dass der Schauspieler Jason Statham im Ort ist, interessierte das 130.000 Facebook-Freunde.

"Zu uns passt das nicht", sagt Gernot Paesold vom Zillertal-Tourismus. Er rückt lieber Menschen aus dem Tal ins Rampenlicht – etwa einen Wirt mit Rauschebart. Authentizität sei der Schlüssel zum Erfolg. Bei den Promis wisse eh jeder, dass sie bezahlt sind. Noch mehr als dem Wirt aus dem Urlaubsort glauben Gäste Freunden – und Social Media. Paesold stellte diesen Winter erstmals Facebook-Postings von Gästen auf die Homepage. Das habe ihn viel Schweiß gekostet – denn zum Saisonstart gab’s nicht viel Schnee. Die Lawine negativer Postings blieb aus. Urlauber wollen meist zeigen, dass sie die richtige Wahl getroffen haben und mit ihren Fotos angeben. Das ist die beste Werbung überhaupt – und der Grund, warum Skigebiete Millionen in WLAN auf der Piste investieren.

App statt Reiseführer

In Wien werden Touristen ab kommenden Jahr von Apps durch die Stadt geführt werden. 200 Sehenswürdigkeiten werden mit Bluetooth-Sendern ausgestattet, über die Smartphone-Besitzer Geschichten zu Sehenswürdigkeiten geliefert bekommen – und zwar dann, wenn sie direkt vor der Sehenswürdigkeit stehen. Es werde immer wichtiger, Geschichten zu erzählen, sind sich alle einig.

Welche Geschichte erzählt wird, entscheiden zum Teil schon die potenziellen Urlauber. Im Freizeitpark Area 47 in Sölden konnten sie einen Praktikanten auf Schanzen und in den Hochseilgarten schicken und ihm bei den Einsätzen zuschauen. "Das ist authentisch und kommt an", sagt Ötztal-Tourismus-Chef Oliver Schwarz. Aus dem gleichen Grund sind auch Blogger im Vormarsch. Ihre Texte klingen nicht nach Werbung, die Bilder sind ungeschönt. Dass viele Berichte bezahlt sind, bleibt unbemerkt.

In Sölden drehte kürzlich auch James Bond – das unbezahlbar fürs Image des Tales, sagen Experten. Schließlich würde Sölden sonst nie in einem Atemzug mit Mexiko, Rom oder Marrakesch genannt werden – und das vor einem Millionenpublikum. Von solchen Auftritten können andere nur träumen.

Die Kärnten Werbung hat zuletzt viel investiert, um in Datenbanken zu kommen, in denen internationale Filmcrews nach passenden Landschaften, Burgen und Schlössern für Drehs stöbern. Was Filme bewirken können, zeigt New York: Jeder glaubt die Stadt zu kennen, obwohl die wenigsten schon dort waren.

Imagevideos der Touristiker werden übrigens kürzer. "Vor vier Jahren haben wir 4-Minuten-Videos gedreht, heute dauern sie eineinhalb Minuten", sagt Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung. Kein Gast wolle mehr lange Videos sehen.

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