Wie sich Philips neu erfinden will

Philips-Austria-Chef Robert Körbler (li.) und Regions-Chef Peter Vullinghs
Konzernumbau mit Fokus auf "intelligente" Lifestyle-Produkte stärkt den Standort Klagenfurt.

Zähneputzen war gestern. Die elektronische Hightech-Mundhygiene-Bürste der Zukunft checkt in der Früh anhand des Speichels den Gesundheitszustand und meldet dem Entsafter in der Küche, dass jetzt Vitamine gut wären. Der Entsafter schlägt daraufhin automatisch einen Kiwi-Smoothie vor. Bleibt nur noch die Frage, ob der Kühlschrank rechtzeitig Kiwis bestellt hat.

Mit intelligenten, miteinander kommunizierenden Küchen- und Lifestyle-Produkten will sich die niederländische Elektronikriese Philips neu erfinden – oder besser gesagt gesundschrumpfen. Im Zuge eines schon mehrere Jahre andauernden Konzernumbaus hat sich das Unternehmen grundlegend verändert. Das verlustreiche Geschäft mit Consumer-Elektronik wie TV- und Hi-Fi-Anlagen ist längst verkauft, für die umsatzstarke Lichtsparte, mit der der 1891 gegründete Glühlampenanbieter einst groß und bekannt wurde, wird ein Käufer gesucht. Statt Unterhaltung und Licht sollen Gesundheit und Wohlbefinden jetzt für nachhaltige Umsätze sorgen.

Philips legte dafür den Medizintechnik- und Haushaltsbereich zu einer neuen Healthcare-Sparte zusammen. "Wir sind alle Konsumenten von Gesundheitsleistungen, daher wird die Consumer-Seite immer wichtiger", erläutert Peter Vullinghs, Vorstandschef von Philips Deutschland, Österreich und der Schweiz, dem KURIER. Die Hälfte der Strategie umfasse "Gesund leben" (Küchengeräte) und Prävention (Lifestylegeräte), dann komme die Diagnose und Behandlung (Medizingroßgeräte) und schließlich die Nachversorgung (mobile medizinische Geräte). Die demografische Entwicklung in Europa sowie die starke Zunahme chronischer Krankheiten komme dieser Neuausrichtung zugute, meint Vullinghs.

Austro-Investment

Vom Fokus auf Elektro-Kleingeräte profitiert auch der einzig noch in Österreich verbliebene Philips-Produktionsstandort in Klagenfurt. Das Kärntner Werk ist eines von fünf Kompetenz- und Entwicklungszentren für Consumer-Lifestyle weltweit. Hier werden Prototypen für Körper- und Haarpflege, Haushalt sowie Küche entwickelt.

Ende des Vorjahres wanderte die Komponenten-Fertigung für die Schallzahnbürste Sonicare nach Klagenfurt, der Standort wurde um mehr als 15 Millionen Euro erweitert. "Klagenfurt ist für uns ein sehr wichtiger globaler Standort und ist über die letzten Jahre sogar noch wichtiger geworden", betont Vullinghs. 30 bis 40 Millionen Komponenten sollen pro Jahr in Klagenfurt produziert werden. Für Philips-Österreich-Chef Robert Körbler "ein wichtiges Signal" zur Absicherung des Standortes, der mit seiner hohen Innovationskraft punkte. "Wir forschen auch zum Thema gesunde Ernährung. Diese beginnt schon bei den Küchengeräten, die immer intelligenter werden", so Körbler. Künftig könnte etwa ein Dampfgarer automatisch die richtige Temperatur wählen, "um das Beste aus dem Lebensmittel herauszuholen". 330 Mitarbeiter beschäftigt Philips in Klagenfurt, österreichweit sind es nach dem Konzernumbau nur noch 550. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren beschäftigte der Elektronikriese in Österreich noch knapp 2000 Personen.

Lichtsparte

Noch heuer könnten weitere 52 Mitarbeiter einen neuen Arbeitgeber erhalten. Die bereits vom Konzern abgespaltene, weil schwächelnde Lichtsparte (LED-Lampen, Beleuchtung) soll bis Jahresende an die Börse gebracht oder verkauft werden, bestätigt Vullinghs. Billig-Konkurrenz aus China setzte den Niderländern in diesem Segment zuletzt massiv zu. In Wien gibt es seit Februar eine eigene Firma namens "Philips Lighting", die sich mit Philips die Büroräumlichkeiten teilt. Auch nach einem Verkauf soll eng kooperiert werden, sagt Körbler.

Wie sich Philips neu erfinden will
Peter Vullinghs, CEO Philips Deutschland, Österreich und Schweiz, Peter Körbler, Geschäftsführer Philips Österreich, Fototermin am 08.04.2016 im Philips Showroom in 1120 Wien

Unternehmen

Philips wurde 1891 in Amsterdam gegründet und zählt mit 95 Fabriken und 113.000 Mitarbeitern in 100 Ländern zu den größten Elektronikkonzernen. In Europa wird u. a. noch in Deutschland und den Niederlanden gefertigt. Umsatz 2015: 24 Milliarden Euro.

Philips Austria
Österreich war 1926 eine der ersten Auslandsniederlassungen. Von der Fertigung (u. a. Videorekorder, Fax, Spracherkennung, Halbleiter) stieg man nach und nach aus. Heute beschäftigt Philips Austria 550 Mitarbeiter im Vertrieb sowie im einzigen Werk Klagenfurt.

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