„Wie Netflix, aber für die Kunst“

„Ich bin selbst große Kunstliebhaberin und gehe viel in Museen“, sagt Vera Grablechner. Bei den vielen ständig wechselnden Ausstellungen in Wien sei es aber schwierig, auf dem Laufenden zu bleiben. Man müsse sich durch viele Newsletter, Webseiten und Kunstkalender klicken. Mit der App myCulture hat die Gründerin eine Lösung entwickelt, die Orientierung in den Ausstellungsdschungel bringen will.
KURIER: Ihre App richtet sich vor allem an junge Leute, warum?
Vera Grablechner: Gerade Digital Natives, also 20- bis 40-Jährige, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind, haben großes Interesse an Kunst, aber keine Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Sie wollen Neues entdecken, verpassen aber oft Ausstellungen. Auch Museen haben große Probleme, Verbindungen mit der Altersgruppe aufzubauen. Es gibt eine große Kluft zwischen Museen und potenziellen Besuchern.
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Wie hilft Ihre App, diese Kluft zu überwinden?
Wir bieten personalisierte Empfehlungen, basierend auf Nutzerinteressen. Wenn man die App zum ersten Mal öffnet, bekommt man Vorschläge für Kunstrichtungen, etwa Impressionismus oder Fotografie. Diese können, ähnlich wie bei der Dating-App Tinder, durch Wischen ausgewählt werden. So bekommen wir einen ersten Eindruck. Das wird dann verfeinert. Die Empfehlungen werden besser, je intensiver man die App nutzt.
In Wien gibt es rund 200 Museen und noch einmal so viele Galerien. Mit wie vielen arbeiten Sie zusammen?
Wir haben 140 Museen in der Datenbank und arbeiten auch mit Kunstfestivals zusammen. Wir sind offen für alle Arten von Kunst und wollen sie zugänglicher machen. Wir diskriminieren nicht.
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Vera Grablechner ist Expertin für digitale Innovation und hat auch bereits in London ein Start-up gegründet.
Mit der Organisation Women in Immersive Tech unterstützt sie Frauen, die im Bereich der Virtual Reality (VR) tätig sind oder tätig werden wollen
Wie verdienen Sie mit der App Geld?
Hauptsächlich über Kommissionen beim Ticketverkauf.
Arbeiten Sie auch mit Galerien zusammen?
Das ist geplant. Da ist das Geschäftsmodell anders, weil sie keine Tickets verkaufen. Wir haben schon Anfragen erhalten. Auch weil gerade junge Leute in Kunst investieren.
Was können Museen und Galerien tun, um Digital Natives besser zu erreichen?
Vor allem kleine Museen sind digital nicht gerade gut aufgestellt und haben in sozialen Medien kaum Präsenz bzw. präsentieren sich nicht ideal. Das ist ein Schwachpunkt.
Wie ist es, in Wien ein Start-up zu gründen?
Die Szene hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt. Es gibt viele Anlaufstellen und Workshop- und Coaching-Angebote. Jeder hilft jedem. Das ist wie eine große Familie.
Was könnte besser gehen?
Finanzierung ist ein Thema. Ich hab auch in London ein Start-up gegründet. Dort bekommen Investoren große steuerliche Entlastungen. Die Möglichkeiten, die in Wien durch öffentliche Finanzierungen geboten werden, sollten auch auf der Ebene der Business Angels und Risikokapitalgeber verfügbar werden.
Wollen Sie Ihre App auch für andere Städte anbieten?
Wir planen die Expansion in weitere europäische Städte. Das Modell ist leicht skalierbar. Da unsere Zielgruppe gerne reist, macht es durchaus Sinn, unser Angebot geografisch zu erweitern.
Sie beschäftigen sich auch mit virtueller Realität. Werden wir bald virtuell ins Museum gehen?
Virtual Reality und Augmented Reality (Anm.: virtuelle Erweiterungen der Realität) bieten viele Möglichkeiten. Künstler können etwa interaktive Kunstwerke schaffen. Museen und Galerien testen sogenannte Digital Twins, um ihre Ausstellungsräume auch virtuell begehbar zu machen. Wir schauen uns an, wo die Reise hingeht.
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