Wie kommt der Weizen-Preis zustande?

Wie kommt der Weizen-Preis zustande?
Lokalaugenschein: Wie an der Getreidebörse in Wien Preise für Hafer, Roggen oder Kürbiskerne fixiert werden.

Unter den gestrengen Augen der ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten und von Kaiser Franz Josef I. auf Gemälden beginnt jeden Mittwoch die Notierungssitzung der Börse für Landwirtschaftliche Produkte in Wien. Rund 25 Müller bzw. Getreidehändler finden sich wöchentlich ein - diese sind sich offenbar ganz gut bekannt und führen vor Beginn Fachgespräche über Angebot und Nachfrage. Doch dann - Punkt 13.30 Uhr - ertönt ein Klingeln und der Vorsitzende des sogenannten "Preisermittlungsausschusses", Josef Bruck, bittet die Anwesenden um Aufmerksamkeit. Es kehrt Ruhe im Saal ein.

"Ich bitte um Ihre Mitarbeit", fordert der Vorsitzende Bruck, um gleich darauf zu fragen: "Premium-Weizen?" "260 bis 265 Euro", antwortet einer der Anwesenden. Die anderen bleiben still. "Premium-Weizen 260 bis 265 Euro - Qualitätsweizen?", so Bruck. "253 bis 255 Euro", ruft ein anderer Händler. "Mahlroggen?" "238 bis 240 Euro!" "Noch jemand? Nein? Mahlroggen 238 bis 240 Euro", notiert Bruck - wie auch alle Anwesenden.

"Hafer für Futterzwecke?", fragt er weiter. "Gibt`s nix!", so ein Händler - also keine Notierung.

In 20 Minuten ist alles vorbei

Wie kommt der Weizen-Preis zustande?

Nach den Kürbiskernen muss das Kursblatt - das jeder Anwesende vor sich liegen hat, um Notizen zu machen - gewendet werden, was im Saal ein überraschend lautes Rascheln auslöst. Danach können die Notierungen weitergehen bis zum Schlusspunkt Sonnenblumenschrot - Gesamtdauer ohne Diskussionen: an die 20 Minuten.

Meldet sich keiner der Anwesenden mit Tonnenpreisen zu Wort, gibt es keine Notierung. Genauso auch, wenn es wie am Mittwoch bei der Frage "Rapssaat?" als Antwort "Diese Woche kein Geschäft" gibt. Graumohn aus dem Jahr 2011 wurde beispielsweise am (gestrigen) Mittwoch mit 1750 bis 1850 Euro um 100 Euro teurer gehandelt als in der Woche davor.

Ein wenig erinnert die Art der Preisfindung vielleicht noch daran, wie es sich früher - in der großen Monarchie - abgespielt haben könnte. Denn die Börse und der Prachtbau, in dem sie sich befindet, wurden anno 1867 eröffnet und sind eindeutig auf die damalige Größe des Reiches ausgerichtet. Die Börse ist auch Besitzer des Prachtbaues in der Taborstraße 10 im zweiten Wiener Gemeindebezirk.

"Damals wurden nicht nur wie heute die Preise notiert. Von Montag bis Samstag wurde an sechs Tagen in der Woche gehandelt. Aus der ganzen Monarchie waren Händler an Ort und Stelle", erklärte der Börsepräsident, Josef Dietrich, der APA bei ihrem Lokalaugenschein am Mittwoch.

Alt-ehrwürdiges Gebäude mit viel Platz

Dem Haus sieht man es schon von außen an, es böte den Getreidehändlern noch weit mehr Platz. "Die größten Teile des Gebäudes sind vermietet", so Dietrich. Das bedeute Einnahmen, aus denen sich die Börse neben der Beiträge von rund 200 Mitgliedern finanziere, "aber auch sehr sehr viel Arbeit", so der ehrenamtliche Präsident.

Übrigens ist von rund zehn Untermietern vom Blumenladen über eine Trafik bis zum Lebensmittelgeschäft auch ein Theater in der Getreidebörse heimisch - und zwar im großen ehemaligen und wirklich sehenswerten Handelssaal. So weit weg von der Welt der Bretter, die die Welt bedeuten, scheint auch die moderne Notierungssitzung für einen Laien nicht, könnte man zum Schluss kommen.

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