Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr für Europas Banken?

Pedestrian walks past a logo of Credit Suisse outside its office building in Hong Kong
Auch wenn sich die Finanzmärkte beruhigt haben, könnte die aktuelle Bankenkrise noch lange dauern.

Nach einem turbulenten Wochenende haben die Finanzmärkte hochnervös auf die Nachrichten zur Notrettung der Schweizer Credit Suisse reagiert, berichtet die ARD Tagesschau.

Geringeres Risiko

Europäische Bankaktien hätten die Märkte am Morgen zunächst kräftig nach unten gezogen, bevor sich die Lage im Verlauf wieder deutlich beruhigt habe. Es bleibe aber die große Frage, welche Ansteckungsgefahr noch von den jüngsten Zusammenbrüchen im Bankensektor ausgehe.

Eine unmittelbare Ansteckung Europas durch die Probleme einiger Regionalinstitute in den USA sei ausgeschlossen, versichern Experten immer wieder, heißt es in der Tagesschau weiter.

Es gebe kaum geschäftliche Verflechtungen mit diesen Instituten. Vor allem aber sei deren Risikostruktur mit dem europäischen Finanzsektor nicht zu vergleichen. Auf der Suche nach höheren Renditen hätten diese Institute stark in risikoreichere Anlagen investiert, die in einer Krise nur mit hohen Verlusten zu verkaufen seien; ein Problem, das letztlich zum Kollaps des Spzialinstituts Silicon Valley Bank (SVB) geführt habe.

Vertrauen erschüttert

Europas Banken hätten dagegen in weit geringerem Umfang etwa in langlaufende Anleihen investiert, deren Wert durch das ansteigende Zinsniveau deutlich unter Druck geraten sei.

Während eine direkte Ansteckung der Branche aus den USA weitgehend ausgeschlossen werde, liege die eigentliche Gefahr in der Basis jedes Bankgeschäfts: dem Vertrauen, dass die Geldhäuser ihre Verpflichtungen jederzeit erfüllen können. Dieses sei in den vergangenen Tagen schwer erschüttert worden.

Dass die Credit Suisse gerade jetzt gerettet werden musste, war kein Zufall, sondern eine direkte Folge der Verwerfungen in den USA, auch wenn dieser Fall sonst nichts mit den dortigen Problemen zu tun hat, so die Tagesschau weiter.

Rasches Eingreifen

Tatsächlich hätte die Schweizer Großbank schon seit Jahren mit hausgemachten Problemen zu kämpfen, die angesichts der aktuellen Vertrauenskrise nicht mehr zu kontrollieren gewesen seien.

Entscheidend für die Entwicklung der kommenden Tage und Wochen bleibe der Faktor Vertrauen. Das rasche Eingreifen zur Notrettung der Credit Suisse und die konzertierte Aktion der Notenbanken zeigten, wie entschlossen die Politik sei, Ansteckungseffekte im Keim zu ersticken. "Wenn irgendwo ein Streichholz angezündet wird, kommen die Löschzüge", sagt Robert Halver, Chefanalyst bei der Baader Bank, zur ARD.

Auch wenn das entschlossene Auftreten der Geldpolitik die Märkte im Tagesverlauf beruhigte und neue Problemfälle aktuell nicht in Sicht seien, sei die Bankenkrise noch nicht ausgestanden.

Eine Lehre aus den vergangenen Krisen sei, dass sie sich länger hinzögen als gedacht, erklärte Arthur Brunner, Chef des Anleihenhandels der ICF Bank, gegenüber der ARD. Die aktuelle Vertrauenskrise könne noch durch weitere Probleme bei den US-Regionalbanken im aktuellen Zinsumfeld befeuert werden.

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