Whiskymarkt: Abgefüllt und abgezockt

Whiskymarkt: Abgefüllt und abgezockt
Der Whisky-Boom hat die Preise für Spezialabfüllungen in astronomische Höhen steigen lassen. Das lockt Anleger, Spekulanten und Betrüger.

Sie wollen Geld anlegen, aber nicht in Immobilien investieren? Vielleicht versuchen Sie es einmal mit Whisky. Mit dem Destillat aus vergorener Getreidemaische sind Gewinne möglich, bei denen sogar Investmentbanker vor Neid erblassen.

Vor zwei Jahren wurde eine Flasche Macallan 1926 Valeo Adami um 1,7 Millionen Euro verkauft. Die schottische Brennerei ist bekannt für hochpreisige Ware. Selbst für Standardabfüllungen muss man deutlich über 100 Euro ablegen. Das alte und rare Spezialabfüllungen von Maltwhisky sechsstellige Summen und mehr kosten können, ist heute fast schon ein Gemeinplatz.

Whiskymarkt: Abgefüllt und abgezockt

Macallan 1926 ist der teuerste Whisky der Welt

Die blanke Gier

„Es geht nur noch um Spekulationsgewinne“, lautete das Fazit von Neil Porter, Mitarbeiter von Whisky Auctioneer, im Gespräch mit der Welt am Sonntag. „Wie ein Whisky schmeckt, spielt überhaupt keine Rolle mehr.“ Das schottische Unternehmen Whisky Auctioneer ist der größte Whiskyversteigerer der Welt.

Hohe Renditen ziehen Betrüger an. Mittlerweile gibt es einen schwungvollen Handel mit leeren Whisky-Flaschen. Je älter und interessanter das Etikett, desto höher der Preis. Die Flaschen werden mit einem ordentlichen Whisky gefüllt, frisch verkorkt und zu Fantasiepreisen verkauft. Whisky Auctioneer lässt verdächtige Flaschen daher per Spektralanalyse überprüfen.

Mittlerweile gehört die Spekulation zum guten Ton in der Whisky-Branche. Mitmachen gilt als Beleg für Geschäftstüchtigkeit. Man muss nicht zu den Superreichen gehören, um mitzuspielen.

Mehrwert

Auch im mittleren Preisbereich sind kräftige Wertsteigerungen möglich. Man kauft eine Flasche um 100 Euro um sie zehn bis zwanzig Jahre später um ein Vielfaches des Einkaufspreises abzugeben.

Voraussetzung ist, dass es sich dabei um eine limitierte Sonderabfüllung handelt. Die Brennereien befeuern den Whiskyhandel von Privat an Privat, indem sie immer wieder Sondereditionen mit einer beschränken Anzahl an Flaschen auf den Markt bringen. Dafür werden oft ausgewählte Fässer verwendet.

Für den Whisky-Verkauf von Privat an Privat gibt es im Internet Handelsplattformen. Über deren Seriosität kann man unterschiedlicher Meinung sein. Es entsteht der Eindruck, dass Bewertungen vor allem den Zweck haben, die Preise der dort angebotenen Spezialabfüllungen in die Höhe zu treiben.

Nach welche Kriterien bewert wird ist unbekannt. Da die Notizen von unterschiedlichen Verkostern per eMail an die Plattform geschickt werden, ist ein Vergleich nicht möglich. Es ist bisweilen nicht einmal gesichert, dass die Verkostung tatsächlich stattgefunden hat.

Während die Weinwirtschaft mit der Ausbildung zum Sommelier und weiter zum Master of Wine auf Professionalisierung setzt, geht es in der Whiskybranche zu wie einst im Wilden Westen: Keine Regeln und her mit dem Geld.

Whiskymarkt: Abgefüllt und abgezockt

Whisky Bible, Dram Good Books, 384 Seiten, 16,95 Euro

Jim der Schreckliche

Der Brite Jim Murray ist seit Jahren der Schrecken der Whisky-Spekulanten. Seit 2003 erscheint jedes Jahr Jim Murrays „Whisky Bible“ mit rund 4.500 Verkostungsnotizen in Englisch. Auch Whisky aus Österreich wurde bewertet. Der Name Whisky Bible und Murrays Selbstdarstellung als Whisky-Guru ist für seine Gegner eine Provokation. Angeblich werden von der Whisky Bible jedes Jahr über eine Million Stück verkauft.

Für Ärger sorgt, dass Murray preisgünstigere Standardabfüllungen immer wieder besser bewertet als teuere und seltene Spezialabfüllungen. Ein Beispiel: Der Ardbeg Ten Years Old Islay Single Malt bekam 97 von 100 möglichen Punkten. Die 0,7 Liter Flasche kostet bei manchen Anbietern unter 50 Euro. Murray hat seltene Special Editions zu Preisen von jenseits der 1.000 Euro deutlich schlechter bewertet als den Ardbeg Ten.

Es kommt auch vor, dass höherpreisige Whisky die länger gelagert wurden, weniger Punkte bekommen als billigere Abfüllungen von derselben Brennerei mit deutlich kürzerer Lagerzeit. Dabei ist eine längere Lagerzeit das Argument der Brennereien für deutlich höhere Preise. Murrays Bewertungen passen nicht ins Marketingkonzept.

Image ist alles

Sehr alte Whiskys werden oft aus Imagegründen gekauft und nicht weil sie besser schmecken. Es schaut nun mal besser aus, wenn man seinen Gästen einen 40 Jahre alten Stoff anbieten kann.

Murray ist nicht nur der einflussreichste Whisky-Verkoster der Welt, sondern auch der meistgehasste. Teile der Branche würden ihn gerne loswerden. Er liefert seinen Kritikern auch Anlässe für Kritik. Einige Verkostungsnotizen des 63-jährigen lesen sich wie Altherrnfantasien aus dem vergangenen Jahrhundert.

So hat ihn die Verkostung eines 41 Jahre alten Whisky aus Kanada an Sex mit einer 41-jährigen Kanadierin erinnert. Es dauert einige Zeit bis er die „erogenen Zonen und den G-Punkt“ bei Frau und Whisky gefunden hat. Und dann erfährt er „zärtliche Selbstaufgabe“ in „totaler Unterwerfung“. In den USA wurde Murray daraufhin Sexismus vorgeworfen. Zumal sich die Whisky-Branche intensiv bemüht, Frauen als neue Kunden anzusprechen.

Es ist allerdings unklar, ob die Beschwerde allein von moralischer Entrüstung getragen war oder ob nicht auch ökonomische Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Man brauche Murray und seine Whisky Bible nicht mehr, so die Kritiker. Besser sei es, andere Ressourcen zu nutzen. Gemeint sind Whisky-Plattformen im Internet.

Barley

Gerste für den Malt Whisky

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