Wettbewerbshüter: Neue Bürokratie- und Machtspiele
Der oberste Wettbewerbshüter ist alarmiert. Theodor Thanner findet, dass das Wirtschaftsministerium, zu dem seine Behörde ressortiert, neuerdings auffällig neugierig ist. „Sie wollen unter anderem wissen, in welcher Causa wir aktuell ermitteln und was wir in den monatlichen Jour-fixes besprechen“, sagt der Chef der Wettbewerbsbehörde. Am liebsten würden sie sich seiner Einschätzung nach gleich in die Besprechungen setzen und ihn, Thanner, mehr unter die Fittiche nehmen. Der Chef der Wettbewerbsbehörde fürchtet, dass die Regierung die Kompetenzen seiner Behörde aushöhlen möchte.
Unter anderem mit Änderungen im Bereich der Verbraucherbehördenkooperation, einem internationalen Netzwerk in Bereich Verbraucherschutz. Per Gesetzesentwurf soll der Bereich von der BWB abgezogen und direkt beim Ministerium angesiedelt werden. Damit könnte das Ministerium indirekt auch in die Arbeit von Thanner hinein regieren: „Wenn sie mir die Weisung geben, dass ich Personal für diesen Bereich abstellen muss, muss ich die Mitarbeiter von laufenden Hausdurchsuchungen und Ermittlungen abziehen.“ Drastischer formuliert: Mitarbeiter aus dem Ministerium würden indirekt mitbestimmen, wo ermittelt wird.
Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll schon unter Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck im Gespräch gewesen sein und in den nächsten zehn Tagen in Begutachtung gehen.
Das Wirtschaftsministerium bestätigt entsprechende Pläne, kann die Befürchtungen Thanners aber nicht nachvollziehen. Die Behörde bleibe „selbstverständlich weisungsfrei beim Vollzug“. Es werde auch nicht in ihrer Kernkompetenz eingegriffen. „Die Umsetzung der EU-Verordnung über die Verbraucherkooperation fällt nicht in die Kernkompetenz der Wettbewerbsbehörden, das wird auch in anderen EU-Ländern so gehandhabt.“ Es sei grundsätzlich „nicht zielführend“, der BWB zusätzliche Aufgabenfelder zu übertragen, die zulasten bestehender Ressourcen gehen.
„Ich kann nur zur Wachsamkeit mahnen und vertraue darauf, dass der Rechtsstaat hilft“, sagt Thanner. Zwischen ihm und dem Ministerium scheint es schon länger zu gären. Thanner spricht von „Bürokratiespielen“, die seine Arbeit erschweren. So habe ein Mitarbeiter neun Monate auf die Ausstellung seines Mitarbeiterausweises warten müssen – und konnte so in dieser Zeit bei keiner Hausdurchsuchung eingesetzt werden. Im Sommer hätte er einen Akt zur Unterschrift vorgelegt bekommen, bei dem er einwilligen hätte sollen, dass das Ministerium jederzeit auf sein Budget und seine Mitarbeiter (aktuell 46) zugreifen kann. Thanner: „Das ist natürlich ein Warnsignal. Ich weiß nicht, welche Ideen sie im Ministerium noch haben.“
Ermittlungen am Bau
Thanner ist seit 13 Jahren Generaldirektor der Behörde, sein Vertrag läuft bis 2022. Der steigende Druck auf seine Behörde fällt zeitlich mit den Ermittlungen gegen rund 50 Baufirmen zusammen, die seit 2017 in Kooperation mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und dem Bundeskriminalamt laufen. Die Ermittlungen sprengen alles bisher da gewesene. Untersucht werden Bauvorhaben von Tunnelbauten bis zu Krankenhaussanierungen bis zum Jahr 2003 zurück. Vermutet werden Preisabsprachen. Es geht um ein Bauvolumen von rund einer Milliarde Euro.
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