Westbalkan dockt an EU an

Der noble Yachthafen in Porto Montenegro wird ausgebaut: Bei diesem Projektrussischer Investoren hat die Strabag einen Auftrag erhalten.
Fischer auf Staatsbesuch in Albanien. Mit Billiglöhnen und Niedrigst-Steuern werden Investoren angelockt.

Unsere Arbeitskosten sind tief, die Qualität aber ist hoch. Wir haben ein einfaches Steuersystem, die Unternehmen werden nur mit zwölf Prozent belastet." Albaniens Wirtschaftsminister, Arben Ahmetaj, warb beim Staatsbesuch von Bundespräsident Heinz Fischer, der mit Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm und 70 Vertretern heimischer Firmen in der Vorwoche das Land besuchte, heftig um Investoren.

Albanien steht an der Schwelle zur EU und erhofft sich nach der Ablehnung vergangenen Dezember im Juni doch den EU-Kandidatenstatus zu erhalten. Österreich ist drittgrößter Investor in dem 2,2 Millionen-Einwohner-Land. "Die EU ist hier die große Hoffnung. Diese Zuversicht unterstützt ein wirtschaftsfreundliches Klima", zeigte sich Leitl erfreut über das Streben des Landes in die Europäische Gemeinschaft. Für heimische Firmen sieht er noch viel Potenzial – etwa im Bereich erneuerbarer Energien, Abwasser, Müll oder im Tourismus.

Der Wasserkraft-Konzern Verbund und die niederösterreichische EVN haben den Schritt nach Albanien schon gewagt: Sie haben ein Flusskraftwerk errichtet, das seit September 2012 Strom produziert. Doch bezahlt bekommen die beiden Versorger die elektrische Energie meist mit großer Verspätung.

Westbalkan dockt an EU an
epa04217669 Austrian President Heinz Fischer and President of Montenegro Filip Vujanovic (not pictured) deliver a press conference in Cetinje, Montenegro, 21. May 2014. Fischer is on an official visit to Montenegro. EPA/BORIS PEJOVIC
Die Verbesserung der Zahlungsmoral, aber auch Korruption und eine überbordende Bürokratie waren denn auch die Themen, die Fischer mit den politischen Repräsentanten des Landes erörterte. "Es gibt Erfolge, aber Albanien hat durchaus noch Luft nach oben", formulierte es Fischer diplomatisch.

Österreichs Unternehmer zeigten dennoch lebhaftes Interesse. Viktor Wagner, Chef der Facility Services Reiwag, etwa überlegt ein Kunststoffrecycling aufzubauen. In Serbien hat er seit einem Jahr bereits ein erfolgreich laufendes Recycling-Unternehmen. Und Angelika Huemer, Chefin des Maschinenbauers Starlinger, könnte die Anlagen dazu liefern. "Wir schauen uns das jedenfalls einmal an", sagte sie. Mit der Pionierrolle haben österreichische Unternehmen schon in vielen Märkten gepunktet. "Wenn die Großen kommen, müssen wir schon am Markt sein", betont Wirtschaftskammer-Präsident Leitl.

Noch billiger

Das kleine nördliche Nachbarland von Albanien, Montenegro, mit seinen 630.000 Einwohnern, legt Investoren geradezu den roten Teppich aus: Nur neun Prozent Unternehmenssteuern und die niedrigsten Arbeitskosten Europas, schon 2019 will das Land EU-Mitglied sein.

Dennoch überwog Skepsis bei den heimischen Unternehmern, die das Land besuchten. "Der Markt ist sehr klein, ebenso wie die Rechtssicherheit", lautete der Tenor.

Österreich ist sechstgrößter Investor. Neben Banken und Versicherungen ist der Baukonzern Strabag aktiv. Er ist bei der Erweiterung des Yachthafens in Porto Montenegro – ein Projekt russischer Investoren – engagiert.

Westbalkan dockt an EU an
Werner Muhm im Interview in der Wiener Arbeiterkammer. Wien 10.09.2013.
Wenig Freude mit der EU-Annäherung der beiden Westbalkan-Länder hat Arbeiterkammer-Direktor Muhm. "Die Löhne in diesen Ländern sind zum Teil niedriger als in China. Die EU hat schon genug schwierige Länder aufgenommen", drückt Muhm seine Sorge aus. Brüssel sollte besser überlegen, welchen Beitrag es zum sozialen Zusammenhalt der Union leiste. Beide Staaten hätten weder Gewerkschaften noch Wirtschaftskammern. "Die politischen Eliten wollen die Länder in der EU haben. Die Eliten sind aber weit weg von den Bürgern", warnte Muhm.

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