Wer steckt dahinter? Verzeichnis der Lobbyisten völlig unbrauchbar
Seit fast zwei Jahren hat Österreich ein eigenes Lobbying-Gesetz, aber niemanden scheint’s zu kümmern. Das nach der Hochegger-Affäre mit viel Getöse eingerichtete Lobbying-Register ist löchrig wie Emmentaler Käse und daher nach Ansicht von Transparency International (TI) völlig unbrauchbar.
Das offizielle Verzeichnis enthält gerade einmal 258 Einträge mit 700 quasi amtlich legitimierten Lobbyisten. Die Branche selbst schätzt, dass in Österreich mindestens 2000 Lobbyisten tätig sind. Wenig bis gar nichts verrät das Register über die Aktivitäten von mächtigen Interessensvertretungen wie Industriellenvereinigung, Wirtschaft- oder Arbeiterkammer. Auch Rechtsanwälte haben sich erfolgreich vor einer Offenlegung gedrückt.
Besonders kurios: Selbst die Lobby der Lobbyisten, die Österreichische Public Affairs Vereinigung (ÖPAV), fehlt im Register. Man dürfe sich gar nicht eintragen, klärt ÖPAV-Chef Peter Köppl auf und verweist auf zig Ausnahmen. "Das Lobbying-Gesetz ist unpräzise, mit zu vielen Ausnahmen und Schlupflöchern", meint Köppl und fordert eine völlige Überarbeitung des Gesetzes. Transparency-Österreich-Vorsitzende Eva Geiblinger kritisiert nicht nur das lückenhafte Register, sondern auch, dass die Öffentlichkeit keinen Einblick in die Auftragsliste der Agenturen hat: "Es kann ja nicht sein, dass wir als Bürger nicht einmal wissen, wer mit wem worüber lobbyiert."
Legal Footprint
Mehr Transparenz bezüglich Einflussnahme von Lobbyisten könnte ein "legislativer Fußabdruck" bei Gesetzen bringen. Damit müsste bei jedem Gesetz im Anhang veröffentlicht werden, welche Lobbyisten wie bei der Gesetzesfindung mitgewirkt haben.
Ein Dorn im Auge sind Geiblinger auch die in Österreich noch immer üblichen Versorgungsjobs in der Wirtschaft für ausrangierte Politiker. "Es ist doch klar, dass Firmen Ex-Politiker einkaufen, damit diese ihnen eine gute Rutsch’n legen", sagt Geiblinger. Die Folge seien Freunderlwirtschaft und Mauscheleien, die Vorstufe zur Korruption. Anders als in anderen Ländern gebe es in Österreich nach wie vor keine verpflichtende "Abkühlphase" für Politiker und Beamte vor deren Wechsel in die Privatwirtschaft. Transparency fordert eine Wartezeit von mindestens einem Jahr, wenn zwischen der bisher ausgeübten Funktion und dem neuen Job ein Zusammenhang besteht.
„Wenn ich nicht schmiere, bekomme ich den Auftrag nicht.“ Ein Satz, der in der heimischen Wirtschaft, „offenbar einzementiert ist“, wie Transparency-Vorsitzende Eva Geiblinger kritisiert. Sie hält ihn für eine reine Schutzbehauptung und ist überzeugt: „Es geht auch ohne Schmieren, es geht auch anders.“
Das beweisen Dänemark, Finnland, Schweden oder die Schweiz, die im aktuellen Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) einmal mehr als „sauberste Länder“ glänzen. Der Index umfasst 174 Staaten, Österreich verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr nur marginal von Rang 26 auf Rang 23. Für Geiblinger „kein Grund zum Jubeln, wir dümpeln dahin“. 2005 belegte Österreich immerhin noch Rang 10, erst danach kam der Absturz.
Der Index fußt auf Umfragen unter Managern international tätiger Unternehmen und Interviews mit Experten von Nicht-Regierungs-Organisationen. Gemessen wird die Wahrnehmung der Verbreitung von Bestechlichkeit sowie effektiver Mechanismen zur Bekämpfung und Prävention von Korruption im öffentlichen Sektor.
Als korrupteste Länder der Welt gelten Somalia und Nordkorea. Von den EU-Mitgliedern sind Bulgarien, Griechenland, Italien und Rumänien die Schlusslichter – sie liegen sogar noch hinter der Türkei. Frankreich fiel hinter Österreich zurück.
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