„Weniger Nationalismus“: Kritik an zu starkem Politik-Einfluss
Die Hoffnung der neuen Vorstandschefin Bettina Glatz-Kremsner (ÖVP), dass unter den zerstrittenen Eigentümern endlich Ruhe einkehren werde, ist ein frommer Wunsch. Der größte Aktionär des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns Casinos Austria AG (Casag), die tschechische Sazka-Gruppe, ist mit dem Status Quo alles andere als zufrieden.
Als einer der größten europäischen Lotterien-Betreiber ist Sazka weniger an den 12 inländischen Casinos interessiert, sondern an der Lotto-Tochter der Casag.
„In Griechenland halten wir 25 Prozent an der Lotteriegesellschaft OPAP. In Österreich sind wir 38-Prozent-Aktionär, können aber viel weniger bewegen“, fühlt sich Sazka-Chef Robert Chvatal durch „die Politik und endlose Diskussionen“ gebremst.
Die Tschechen kauften sich mit hohen Einsätzen ein, nachdem die Wettbewerbsbehörde den Novomatic-Konzern des Industriellen Johann F. Graf ausgebremst hatte.
Man sehe sich als strategischer, industrieller Aktionär. „Wir wollen nicht nur einmal im Quartal zur Aufsichtsratssitzung kommen, Sitzungsgelder kassieren und basta. Wir wollen unsere internationale Erfahrung einbringen und managen. Wie in Tschechien oder in Griechenland“, sagt Chvatal.
In Österreich sei das allerdings nicht möglich, man werde immer überstimmt, „entweder vom Staat und Novomatic oder vom Staat und den Betriebsräten – Austria first“, moniert Chvatal. Er hofft auf die neue Regierung: „Weniger Nationalismus, sondern mehr Pragmatismus zum Wohl des Unternehmens. Mehr den Fokus auf Business und weniger auf die Politik.“
Gemeint ist damit auch die Bestellung des FPÖ-Managers Peter Sidlo in den Vorstand. Sazka war stark verärgert und enthielt sich bei der Abstimmung der Stimme.
Der Löwenanteil des Casag-Gewinns wird mit Lotto eingespielt. „Der Markt ist gesättigt. Wachstum kommt nicht automatisch. Daran muss man hart arbeiten – den Unterhaltungsbereich intensivieren, neue Ideen, die Lotterieprodukte anders präsentieren“, argumentiert Chvatal.
Vor ziemlich genau einem Jahr eskalierte die Neubesetzung des Casag-Aufsichtsrates. Die Tschechen wollten alle 12 Kapitalvertreter stellen, nicht gerade sehr freundlich. Erstmals in der 50-jährigen Geschichte des Unternehmens kam es zur Kampfabstimmung, Sazka bekam nur fünf Vertreter.
„Mehr den Fokus auf Business und weniger auf die Politik. Wachstum kommt nicht automatisch.“
Sazka wolle die Casag beherrschen und konsolidieren, um für die Expansion leichter an den Kapitalmarkt heran zu kommen, argwöhnten türkis-blaue Kreise. Eine Konsolidierung „wäre für einen Börsegang klüger, stimmt“ räumt Chvatal ein, betont aber: „Es ist ein Mythos, dass wir die ganze Firma übernehmen und kontrollieren wollen. Wir wollen ein Co-Management mit einem klaren Partner.“ Für einen möglichen IPO warte man ohnehin den Brexit ab.
International gibt Sazka Gas. Die Gruppe hat sich für eine zweite Lotto-Lizenz in Italien, für die nationale Lotterie in England und eine Management-Partnerschaft mit der staatlichen türkischen Lotterie beworben.
Der Sazka-Boss ist in der heimischen Wirtschaftsszene gut bekannt, er war bis 2012 Chef von T-Mobile Austria. Was ihm wichtig ist: „Ich will in Österreich keinesfalls als tschechischer Raunzer dastehen. Wir sind gekommen, um zu bleiben und stehen das schon durch.“ andrea.hodoschek
„Ich will in Österreich keinesfalls als tschechischer Raunzer dastehen. Wir stehen das schon durch.“
Casinos und Lotto
Glücksspielkonzern
Die teilstaatliche Gaming-Gruppe Casinos Austria AG hat keine einfache Aktionärsstruktur. Die Republik Österreich hält über die Staatsholding ÖBAG 33 Prozent. Die niederösterreichische Novomatic-Gruppe hat rund 17 Prozent. Größter Aktionär mit mehr als 38 Prozent ist die tschechische Sazka Group des Milliardärs Karel Komárek. Mehr als fünf Prozent gehören noch der ehemaligen Kirchenbank Schelhammer & Schattera (übernommen von der Grawe-Gruppe). Der Rest sind Kleinaktionäre, darunter die Sacher-Familie Gürtler.
Cash-Cow
Der Löwenanteil des Konzern-Gewinns von 93 Millionen Euro kommt mit 71 Millionen von den Lotterien. Hauptaktionär ist die Casinos AG mit knapp 74 Prozent. Sazka hält über Zwischenholdings 9,4 Prozent, Novomatic knapp
9 und der ORF 4,9 Prozent.
Griechische Lotterie: Doppelt so rentabel wie Österreich
Der Staat brauchte dringend Geld und privatisierte 2013 den letzten Anteil an der Lotterie OPAP. „Alle Investoren sprangen ab. Das Risiko war groß – die Wirtschaft am Kollabieren, der drohende Rauswurf aus dem Euro, die politische Lage instabil“, erzählt OPAP-Chef Damian Cope.
Die tschechische Sazka-Gruppe, die zum Mischkonzern des Milliardärs Karel Komárek gehört, wagte den Poker und stieg mit griechischen Partnern ein. Der Drittel-Anteil kostete 712 Millionen Euro, der Rest ist Streubesitz.
Das Risiko lohnte sich. Innerhalb von vier Jahren gelang die Transformation und Modernisierung des Unternehmens. 1,54 Milliarden Euro Umsatz im Vorjahr, ein Nettogewinn von 143 Millionen Euro, 1.300 Mitarbeiter, 3,16 Milliarden Börsenwert und mit 723 Millionen Euro an Abgaben einer der größten Steuerzahler des Landes. Zum Vergleich: Der Nettogewinn der österreichischen Lotterien liegt bei 71 Millionen Euro.
Der Vertrieb läuft über mehr als 4.000 Shops, die von Selbstständigen geführt werden. Neben Lotto und Brieflosen gibt’s Kaffeehaus-Service, auch einfache Bankgeschäfte werden abgewickelt. Noch minimal ist der Online-Anteil.
OPAP bietet zudem Sportwetten an, neuester Geschäftszweig sind VLTs, mit einem Server vernetzte Spielautomaten. Derzeit betreibt OPAP 360 Gaming-Hallen, die staatliche Konzession gilt für 25.000 Geräte. Der Staat will damit das Automatenspiel legalisieren und kontrollieren. Immer noch stehen in Griechenland mehr als 100.000 illegale Slotmaschinen, schätzt Cope. Er will den OPAP-Gewinn bis 2020 um 50 Prozent steigern. Der OPAP-Besuch erfolgte auf Einladung von Sazka.
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