Wenig Appetit auf Fleisch vom Bio-Schwein

98 Prozent der Schweine kommen aus konventionellen Ställen. Mit der Bauernhof-Idylle aus Werbespots hat das wenig zu tun.
Nicht einmal zwei Prozent der in Österreich aufgezogenen Schweine leben in Bio-Betrieben

Schweine, die sich frei bewegen und im Dreck wühlen können, sind schon fast eine Rarität geworden – und werden auch als solche vermarktet. Wollschweine aus Freilandhaltung beispielsweise. Mit der Produktion für die Massen haben sie aber relativ wenig gemeinsam. Schon allein, weil für die Massenproduktion Tiere gezüchtet wurden, die weniger Fett ansetzen und damit eher den Geschmack der industrialisierten Welt entsprechen. Und auch dem Budget, das der Großteil der Konsumenten für den Einkauf von Fleisch reserviert.

Der Markt für Bio-Schweinefleisch ist nie richtig vom Fleck gekommen. Keine zwei Prozent des Schweinefleisches, das in Österreich verkauft wird, hat ein Bio-Siegel. Noch rarer gesät sind jene Höfe, bei denen die Tiere auf die Wiese dürfen. „Ich kann Bauern, die auf Bio umsteigen wollen, auch nicht garantieren, dass sie das Fleisch verkaufen können. Bei konventionellem Fleisch kann ich das aber schon“, sagt Hans Schlederer, Chef der österreichischen Schweinebörse. Die Österreicher seien schlicht nicht bereit, für Bio-Schweinefleisch etwa doppelt so viel zu bezahlen wie für jenes aus konventioneller Produktion. Dieser Aufschlag sei aber nötig, da die Bio-Fütterung von Schweinen – anders als beim Rind – doppelt so teuer und die Haltung deutlich aufwendiger sei. Zudem müsse ein Bauer ein Bio-Schweinderl schlicht länger durchfüttern. Schlederer: „Ein konventionelles Schwein wird 190 bis 200 Tage alt, ein Bio-Schwein wird erst zwei bis drei Wochen später schlachtreif.“

Preisspirale nach unten

Wenig Appetit auf Fleisch vom Bio-Schwein
Der Preiskampf am Schweinemarkt hat sich seit dem Russland-Embargo verschärft. Industrieställe aus Holland und Deutschland drückten mit Billigstpreisen ihre überschüssigen Mengen in den Markt und damit auf den Preis. Zur Größenordnung: Straathof, einer der größten Schweinemäster Europas, produziert jährlich rund eine Million Ferkel. Schlederer: „Damit könnte dieser Betrieb ganz alleine ein Drittel des österreichischen Jahresbedarfs abdecken.“

Von Industrieställen mit 20.000 und mehr Tieren, wie in vielen Betrieben aus dem Osten Deutschlands, sind heimische Landwirte noch weit entfernt. Auch wenn der Zwang zum Ausbau des Betriebs mit dem Preisdruck steige, gebe es landesweit nur rund 50 Betriebe, die mehr als 1000 Schweine halten, schätzt Schlederer. Deutsche Höfe sind im Schnitt fast vier Mal so groß wie österreichische, niederländische haben acht und dänische zehn Mal so viele Tiere wie ihre österreichischen Konkurrenten. Laut den Zahlen der Statistik Austria importiert Österreich rund 180 Tonnen Schweinefleisch im Jahr – davon entfallen 20 bis 25 Prozent auf lebende Tiere.

In den Kühlregalen österreichischer Supermärkte gibt es zwar ausschließlich Frischfleisch aus heimischer Produktion, „dieses macht aber nur nur ein Drittel des Konsums aus“, sagt Adolf Marksteiner von der Landwirtschaftskammer Österreich. Der Großteil des Fleisches wird in der Gastronomie und in Form von Fertigprodukten verkauft. Auf die Herkunft und Produktionsweise schaut bei dieser „anonymen Ware“ keiner. Marksteiner: „Was zählt, ist der Preis.“ Zum Zug kommen oft die Großbetriebe aus Deutschland und den Niederlanden. Die Forderung der Landwirtschaftskammer, dass bei Ausschreibungen – etwa von Kantinen und Krankenhäusern – von Billigstbieterprinzip zum Bestpreisprinzip umgestellt wird, wurde bisher nicht erhört.

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