Was Ein-Euro-Jobs wirklich bringen
In Österreich wird darüber diskutiert, in Deutschland sind Ein-Euro-Jobs seit 2005 fixer Bestandteil der Hartz-IV-Arbeitsmarktpolitik. Der KURIER nahm die umstrittenen Maßnahmen zur Job-Integration unter die Lupe.
Was genau sind Ein-Euro-Jobs überhaupt?
Laut Hartz-IV-Gesetz sollen für erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die Transferleistungen erhalten, aber keine Arbeit finden, "Arbeitsgelegenheiten" geschaffen werden. Dafür wird eine angemessene Entschädigung gezahlt. Ein-Euro-Jobs sind kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und unterliegen daher nicht der Sozialversicherungspflicht. Die Betroffenen sind jedoch über die Grundsicherung sozialversichert. In der Regel handelt es sich um Jobs von 20 bis 30 Stunden pro Woche. Wegen der guten Wirtschaftslage gibt es derzeit nur rund 80.000 Ein-Euro-Jobber in Deutschland.
Welche Voraussetzungen gibt es?
Um Verdrängungseffekte am Arbeitsmarkt zu vermeiden, dürfen die "Zusatzjobs" keine regulären Arbeitsplätze verdrängen und müssen im öffentlichen Interesse sein ("Gemeinnützigkeit"). Es handelt sich also um eine öffentlich geförderte Beschäftigung. Die häufigsten Tätigkeiten sind Pflege der Park- und Gartenanlagen, Seniorenbetreuung, Hausmeisterdienste sowie handwerkliche Tätigkeiten. Die Möglichkeit der Beschäftigung wurde kürzlich ausgeweitet. Bisher wurde ein Ein-Euro-Job maximal 24 Monate innerhalb von fünf Jahren gefördert, künftig sind es 36 Monate.
Wird wirklich nur ein Euro pro Stunde bezahlt?
Die angemessene Entschädigung liegt je nach Tätigkeit zwischen 1,05 Euro und zwei Euro. Sie wird zusätzlich zum Arbeitslosengeld II ("Hartz-IV-Bezug") bezahlt. Diese Grundsicherung in Höhe von 404 Euro (Regelsatz exkl. möglicher Zuschüsse) erhalten Arbeitslose, wenn sie keinen Anspruch (mehr) auf das Arbeitslosengeld haben.
Müssen alle Hartz-IV-Bezieher Ein-Euro-Jobs annehmen?
Wer einen zumutbaren Job ausschlägt, muss mit Kürzungen beim Arbeitslosengeld II rechnen, Jugendlichen kann der Bezug für drei Monate ganz gestrichen werden. Ein-Euro-Jobs sind dezidiert nur als "ultima ratio" vorgesehen, wenn alle anderen Instrumente der Wiedereingliederung erfolglos sind.
Welche Regelung gilt für Flüchtlinge?
Das im Juli verabschiedete, neue Integrationsgesetz sieht die Schaffung von 100.000 gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten für Asylwerber vor. Kosten pro Jahr: rund 300 Mio. Euro. Mit gemeinnütziger Tätigkeit in Gemeinden oder in den Flüchtlingsheimen können Asylwerber die Wartezeiten bis zum Asylbescheid überbrücken und die Grundsicherung aufbessern. Sie dürfen maximal sechs Monate und bis zu 20 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Der Stundensatz im Flüchtlingsheim beträgt 80 Cent. Verweigern Flüchtlinge die Arbeit ohne wichtigen Grund, drohen Leistungskürzungen.
Warum gibt es in Deutschland einen politischen Konsens bei den Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge?
Die Hartz-IV-Reformen wurden unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder verabschiedet, die jetzige Arbeitsministerin Andrea Nahles ist ebenfalls von der SPD. Die Regierung will mit der Maßnahme die stark ansteigende Flüchtlingsarbeitslosigkeit, speziell bei den gering Qualifizierten, in den Griff bekommen. Scharfe Kritik vor allem wegen der Sanktionen bei Verweigerung einer Jobannahme gibt es von der Linken und den Grünen sowie Flüchtlingsverbänden.
Wie sind die bisherigen Erfahrungen mit Ein-Euro-Jobs?
Gemischt. Das Ziel, die Wiederheranführung von Langzeitarbeitslosen an den regulären Arbeitsmarkt, wird nur teilweise erreicht. Die Langzeitarbeitslosigkeit verharrt seit Jahren auf hohem Niveau. Immer mehr über 50-Jährige werden zu dauerhaften Hartz-IV-Beziehern. Mehr Erfolg gibt es bei der Verhinderung von Sozialmissbrauch durch die Überprüfung der Arbeitsfähigkeit. Auch der befürchtete Verdrängungseffekt von regulären Jobs war bisher eher gering, Studien sehen ihn unter einem Prozent. Allerdings wurden im Vorfeld tausende Jobs extra aus dem Boden gestampft, um genau dies zu verhindern. Kritiker orten ferner ein hohes Missbrauchspotenzial bei Ein-Euro-Jobs, der bürokratische Aufwand ist enorm.
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