Was der SWIFT-Ausschluss russischer Banken bedeutet
Der Westen dreht dem russischen Finanzsystem gezielt den globalen Geldhahn zu. Das soll den Kreml hart treffen, wird aber auch die europäische Wirtschaft schmerzen.
Als „Atomwaffe der Wirtschaftssanktionen“ mit ungeahnten Folgen für die gesamte Weltwirtschaft wurde die Verbannung Russlands vom globalen Banken-Informationssystem SWIFT im Vorfeld bezeichnet. Nach anfänglichem Zögern wurde am Sonntag die bisher schärfste Waffe doch gezogen, allerdings in abgeschwächter Form. Das russische Bankensystem wird nicht komplett abgekoppelt, der Geldhahn bleibt aber teilweise offen.
Der KURIER fasst die wichtigsten Fragen rund um den SWIFT-Ausschluss zusammen:
Was genau wurde jetzt eigentlich beschlossen?
Die EU, die USA und andere westliche Partner vereinbarten neben neuen Sanktionen gegen die russische Zentralbank den Ausschluss bestimmter russischer Finanzinstitute aus SWIFT. Betroffen sind alle russischen Banken, die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert sind. Die Institute sollen von den internationalen Finanzströmen abgeschnitten werden. Weiters soll die russische Zentralbank durch das Einfrieren der Devisenreserven daran gehindert werden, die Landeswährung Rubel zu stützen. Das würde das Finanzsystem destabilisieren. Russland sitzt auf Devisenreserven von 630 Milliarden Dollar.Ein großer Teil davon wird bei ausländischen Banken gehalten.
Was genau ist SWIFT und wie funktioniert es?
SWIFT – die Abkürzung steht für „Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication“ – stellt die technische Infrastruktur zur Verfügung, damit Banken über Landesgrenzen hinweg sicher miteinander kommunizieren können (siehe Grafik). Das betrifft Geldtransfers, Wertpapier- oder Edelmetallgeschäfte. Wer Geld ins Ausland überweisen will, kommt an SWIFT nicht vorbei. Bankkunden kennen den „SWIFT-Code“ bei Überweisungen. Mehr als 11.000 Banken in rund 200 Ländern weltweit sind an SWIFT angebunden.
Wem gehört SWIFT und wie kann ein Land bzw. Bank ausgeschlossen werden?
SWIFT ist eine unabhängige Organisation mit Sitz in Belgien und steht im genossenschaftlichen Besitz der teilnehmenden Banken. Weder die USA noch die EU können also direkt einen Ausschluss Russlands bzw. russischer Banken erzwingen. Sie können aber wie bereits 2021 bei den Sanktionen gegen den Iran Druck auf die SWIFT-Manager ausüben, den Schritt umzusetzen. Wann genau der Ausschluss dann auch wirksam ist, ist unklar.
Was bewirkt ein Ausschluss von SWIFT?
Die betroffenen Banken sind dann aus dem Netzwerk ausgesperrt und können nicht mehr – oder nur sehr eingeschränkt mittels Telefon und eMail – mit Banken in anderen Ländern kommunizieren. Zahlungs- und Warenströme werden dadurch blockiert. Für Unternehmen, die Geschäfte im sanktionierten Land betreiben, entstehen enorme Kosten und mitunter hohe Kreditausfälle.
Was ist das konkrete Ziel dieser Wirtschaftssanktion gegen Russland?
Die Maßnahme richte sich gegen die Finanzierung von Putins Kriegsmaschinerie, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Sie soll aber auch die russische Wirtschaft selbst treffen und massiv schwächen sowie die finanziellen Möglichkeiten der Oligarchen beschneiden.
Welche Schäden für die europäische Wirtschaft sind zu befürchten?
Schon im Vorfeld warnten Ökonomen vor massiven Kollateralschäden in Form einer Wirtschafts- und Energiekrise in Europa. Der Handel mit der Rohstoff-Großmacht wäre massiv gestört, was zu Verwerfungen an den Finanzmärkten und Chaos an den Weltbörsen führen könnte. Die Beschränkung der Sanktion auf ausgewählte Banken soll zumindest die Zahlung der Gas- und sonstigen Rohstoff-Lieferungen aus Russland und damit die weitere Versorgung ermöglichen.
Gelassen. Die russische Notenbank versucht zu beruhigen. Es gebe genügend Kapital und Liquidität für eine ununterbrochene Funktion bei jeder beliebigen Situation, teilte die Bank am Sonntag mit. Sämtliche Konten blieben zugänglich, auch Bankdienstleistungen würden wie gehabt funktionieren.
Russische Bankkunden berichteten allerdings schon am Samstag über Probleme bei der Geldbehebung. Auf der anderen Seiten fürchten westliche Banken russische Cyberattacken auf das Zahlungssystem als Vergeltungsmaßnahme. Russland verfügt auch über ein eigenes, innerrussisches Zahlungsnetzwerk.
Kommentare