Was das Bestbieterprinzip wirklich bringt

Baugewerkschaft fordert Zutrittskontrollen auf Großbaustellen.
Öffentliche Bauaufträge: Ab 1. März wird die Vergabe "fairer". Ein erster Schritt.

Billig, billiger, insolvent. Der seit der vollständigen Liberalisierung des EU-Arbeitsmarktes massiv gestiegene Kostendruck hat vor allem die heimische Baubranche schwer getroffen. Viele Klein- und Mittelbetriebe in grenznahen Gebieten mussten bereits zusperren, die Bau-Arbeitslosigkeit stieg stark an.

Um Lohn- und Sozialdumping sowie Scheinfirmen das Handwerk zu legen, tritt ab 1. März das von den Sozialpartnern seit Jahren geforderte Bestbieterprinzip für öffentliche Bauaufträge in Kraft. Der KURIER nahm die Regelung, die es in ähnlicher Form auch in anderen Ländern gibt, unter die Lupe:

Was genau ist das Bestbieterprinzip?

Während beim Billigstbieterprinzip immer der billigste Anbieter ohne Rücksicht auf sonstige Umstände zum Zug kommen muss, zählen beim Bestbieterprinzip zu einem bestimmten Prozentsatz auch qualitative Zuschlagskriterien.

Welche Kriterien können in welchem Ausmaß miteinbezogen werden?

Das können Lieferfristen, Ausführungsdauer sowie Umwelt- und Sozialstandards sein. Die Asfinag etwa hat 18 Qualitätskriterien definiert, darunter finden sich Umweltkriterien (Wegzeiten) ebenso wie Arbeitnehmerschutz, der Einsatz von geschulten Fachkräften oder die Gewährleistung. Dafür kann ein Auftragnehmer bis zu zehn Prozent mehr verlangen als der Billigstbieter und trotzdem zum Zug kommen. Eine gesetzliche Ober- oder Untergrenze für die Gewichtung der Qualitätskriterien gibt es nicht, in der Regel sind es zehn bis 20 Prozent.

Können mit den Kriterien ausländische Billiganbieter ausgeschlossen werden?

Die Qualitätskriterien müssen EU-rechtskonform sein, es gilt das Prinzip der Nicht-Diskriminierung. Der Firmensitz darf z. B. kein Kriterium sein. Wohl aber darf die Qualifikation und Erfahrung des eingesetzten Personals in die Ermittlung des "besten" Angebots miteinbezogen werden. Vieles ist eine Frage der Formulierung, Juristen sind gefragt.

Für wen gilt das Bestbieterprinzip?

Das Bestbieterprinzip ist ab 1. März für alle öffentlichen Bauaufträge ab einer Million Euro verpflichtend. Betroffen sind also primär Bund, Länder und Gemeinden. ÖBB und Asfinag nutzen bereits qualitative Zuschlagskriterien in ihren Ausschreibungen. Das Bestbieterprinzip gilt nur für Bauarbeiten, nicht jedoch für öffentliche Dienstleistungs- oder Verkehrsaufträge (Buslinien). Auch private Auftraggeber sind nicht betroffen.

Was ändert sich bei der Vergabe an Subfirmen?

Die Filetierung eines Großauftrages auf zig Sub-Firmen wird eingeschränkt. Bisher konnten 99,9 Prozent des Auftrages weitervergeben, nun muss zumindest die "Kernleistung"( Baumeisterarbeiten) als Eigenleistung selbst erbracht werden. Subunternehmen müssen ferner bei öffentlichen Bauaufträgen schon im Angebot extra angeführt, geprüft und genehmigt werden. Nur so weiß der Auftraggeber, wer wirklich auf seiner Baustelle arbeitet. Dadurch sollen Sub-Sub-Konstruktionen mit teils dubiosen, ausländischen Firmen verhindert werden.

Lässt sich durch die neuen Vergaberegeln Lohn- und Sozialdumping am Bau wirklich vermeiden?

Es ist zumindest ein erster, kleiner Schritt dazu. Wenn Qualität und Eigenleistung mehr zählen, zahlt sich für Firmen eine gute Stammbelegschaft wieder aus. Auch Regionalität kann ein Wettbewerbsvorteil sein. Betrugsfirmen werden bei mehr als zwei Vergehen pro Jahr gegen das Lohn- und Sozialdumpinggesetz grundsätzlich von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen.

Was muss sich für einen fairen Wettbewerb am Bau noch ändern?

Die Bau-Sozialpartner fordern für die nächste Novelle die Einführung von elektronischen Zutrittskontrollen auf Baustellen. Dies würde die Kontrollen der Behörden erleichtern. Weiters soll es eine Auftraggeberhaftung bei der Vergabe an ausländische Firmen geben. Können verhängte Strafen im Ausland nicht eingetrieben werden, müssten die öffentlichen oder privaten Auftraggeber dafür aufkommen. Dies sei EU-rechtskonform, heißt es.

Kommentare