Was ältere Kunden ärgert

Und wie funktioniert das Smartphone jetzt? Wer nicht digitalisiert aufgewachsen ist, fühlt sich von neuen Technologien überfordert.
Trotz hoher Kaufkraft werden Senioren oft links liegen gelassen.

Eine 72-Jährige betritt ein nobles Schuhgeschäft in der Wiener Innenstadt. Reaktion der Verkäuferin: „Für Ihre Füße haben wir keine Schuhe.“ In einem Damenmodengeschäft wird eine betagte ältere Dame sogleich hinauskomplimentiert: „Für Sie haben wir hier überhaupt nix.“ Und ein junger Berater in einem Handyshop gibt mit einem überforderten Pensionisten schon nach wenigen Minuten auf: „Lassen Sie sich das Smartphone doch von Ihrem Enkerl erklären.“

Was ältere Kunden ärgert
Christine Kneschar
Drei reale Situationen, die beim Mystery-Shopping von „50plus-Scouts“ im Rahmen eines kleinen Forschungsprojektes zur Altersdiskriminierung von Konsumenten erlebt wurden. „Am schlimmsten ist es bei der Technik. Ältere Menschen werden mit ihren Problemen oft schlicht nicht wahr- oder ernst genommen, dabei sind Smartphones für 70-Jährige eine Katastrophe“, sagt Christine Kneschar, die sich mit ihrem Beratungsunternehmen Generationen Consulting auf die „50plus-Forschung“ spezialisiert hat. Als größtes Ärgernis sahen die 50- bis 80-jährigen Scouts die mangelnde Beratungsqualität in Form von fehlender Fachkompetenz, Desinteresse oder Unfreundlichkeit. Die wichtigsten Erkenntnisse:

Mobilfunk/Elektronik Je komplexer das Produkt und je älter der Anwender, desto größer die Benachteiligung. Ältere sind nicht digitalisiert aufgewachsen und fühlen sich von immer rascher wechselnden Technologien überfordert. Mängel gibt es sowohl bei Händlern als auch bei den Netzbetreibern. „Oft wird im unverständlichen Fachjargon am Bedarf der Kunden vorbeiargumentiert oder auf technische Unwissenheit herablassend reagiert“, sagt Kneschar.

Banken Obwohl ältere Kunden ihre Bankgeschäfte lieber am Schalter erledigen, werden sie zunehmend an Selbstbedienungsterminals gedrängt und finden sich dort hilflos wieder. Wer sich nicht auskennt, wird zum lästigen Bittsteller degradiert.

Supermarkt Längst bekannt, kaum umgesetzt: Ältere Menschen wünschen sich eine leicht lesbare Beschriftung und eine klare Preisauszeichnung der Waren. Hinweise auf Herkunft und Inhaltsstoffe sind oft viel zu klein, was eine klare Diskriminierung für Sehschwache darstellt. Erste Ansätze, wie etwa die Leselupe bei der Drogeriemarktkette dm werden positiv aufgenommen. Singles beklagen das Fehlen kleiner Verpackungsgrößen.

Modehandel Die Mode frönt dem Jugendwahn. Für Senioren wird es immer schwieriger, passende Kleidung und Schuhe zu finden, die gleichzeitig chic und bequem sind. Deutsche Versandhäuser wie etwa Witt Weiden oder Walbusch profitieren von dieser Angebotslücke.

Kneschar nennt zwei mögliche Ursachen für Benachteiligungen: Unternehmen definieren Ältere gar nicht als Zielgruppe und vernachlässigen sie daher oder sie fokussieren auf schnellen Umsatz und Hochdruckverkauf: „Dann bleibt keine Zeit, auf die Bedürfnisse älterer Kunden einzugehen.“

Ein großer Fehler. Denn die drei Millionen Menschen der Generation 50plus verfügen über 68 Milliarden Euro oder 44,3 Prozent des gesamten heimischen Kaufkraft­volumens. Die Altersgruppe kann im Schnitt um ein Fünftel mehr ausgeben als der Durchschnitt, Die 50- bis 59-Jährigen sogar drei Mal so viel.

Kommentare