Warum von der Bank Austria nicht viel übrig bleiben wird

Abgebaut: Die Bank Austria muss sparen und schließt nicht nur Filialen.
Das einst mächtige Geldinstitut wird scheibchenweise demontiert.

Der Rückzug ist seit Langem sichtbar: Ein Drittel der Bank-Austria-Filialen sperrte in den vergangenen Jahren zu. Die prestigeträchtige Zentrale in der Wiener Schottengasse wurde im Vorjahr an den Investor Ronny Pecik und die Ex-Eigentümerfamilie von kika/Leiner Koch verkauft.

Doch dass die Bank Austria so weit gehen würde, ihr gesamtes Privatkundengeschäft an die Bawag zu verkaufen, wie Der Standard berichtet, war dann doch ein Schock für die rund 7000 Beschäftigten der Bank in Österreich und deren Kunden. Fix ist das zwar noch nicht – offiziell werden die Abbaupläne erst am 11. November bekannt gegeben –, doch es spricht einiges dafür.

Tiefe Zinsen: Bei Zinsen, die um die null Prozent liegen, verdienen Banken mit Kundeneinlagen und Krediten fast nichts. Und die Aussichten auf Besserung sind mangels baldiger Zinserhöhung schlecht.

Hohe Kosten: Bei schlechten Erträgen bleibt als Ausweg nur, die Kosten zu senken. Diese sind ein besonderes Problem der Bank Austria. Sie schleppt aus der alten Zentralsparkasse noch teure Dienstverträge mit. Insider behaupten, dass die Bank durch die vielen Fusionen der Vergangenheit stetig Kostenblöcke aufgebaut habe, die Synergien aber nie realisieren konnte.

Warum von der Bank Austria nicht viel übrig bleiben wird
Filialen:Teuer kommen auch die Geschäftsstellen. Die Bank Austria hat zwar viele Filialen geschlossen, betreibt aber immer noch gut 200.

Flaue Kreditnachfrage: Wegen der schwachen konjunkturellen Entwicklung kommt auch die Finanzierung der Unternehmen nicht in Gang. Außerdem spitzt sich der Wettbewerb um größere Kreditkunden in Österreich zu.

Mutter UniCredit: Der italienische UniCredit-Konzern hat im eigenen Land mit Ertragsproblemen zu kämpfen. Der Plan, bis 2018 den Gewinn auf 6,8 Milliarden Euro zu erhöhen, ist ohne straffe Kosteneinsparungen nicht zu schaffen. Dazu muss auch die Bank Austria beitragen, die nach der Finanzkrise insgesamt zwei Milliarden Euro an Kapitalspritzen von der Mutter erhalten hat.

Verlust des Ostens

Das schlimmste Zukunftsszenario für die Bank Austria sieht so aus: Die Bank muss ihr gewinnbringendes Ostgeschäft – 1,5 der 1,78 Milliarden Vorsteuergewinn 2014 stammen von dort – an die Mailänder UniCredit abgeben. Das Privatkundengeschäft könnte für kolportierte 800 Millionen Euro an die Bawag verkauft werden. Die Erste Bank soll sich auch dafür interessiert haben, aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ist das aber nicht möglich. Das Firmenkundengeschäft könnte an die deutsche Hypo Vereinsbank wandern, die ebenfalls zur UniCredit gehört. Als Bank-Austria-Rumpf bliebe das Geschäft mit den Reichen, das dann in der Schoellerbank vereint wäre.

Was bleibt von Länderbank, Creditanstalt, Zentralsparkasse und jetzt vermutlich auch Bank Austria? Vermutlich nichts. Das Ostgeschäft der Bank Austria könnte nach dem 11. 11. nach Mailand abwandern. Und es mehren sich die Anzeichen, dass die Bawag das Kundengeschäft der BA kauft.

Für diejenigen, die es schon vergessen haben: Besitzer der einstigen stolzen Gewerkschaftsbank ist eine amerikanische "Heuschrecke" mit dem schaurigen Namen "Cerberus", die die Bank gewinnbringend verkaufen will. Das ist momentan nicht einfach, sie braucht dafür offenbar noch mehr Substanz. Gemeinsam mit der BA würde die Bawag circa ein Viertel des Wiener Bankmarkts beherrschen.

An wen wird das Ganze dann verkauft – vielleicht an Chinesen? Verschwindet die BA samt ihrem Wiener Headquarter, verlieren Hunderte Leute hier ihren Job, und dem Bund entgeht ein zweistelliger Millionenbetrag an Bankensteuer.

Am einstigen Verkauf der "schwarzen" Creditanstalt an die "rote" Bank Austria scheiterte damals fast die große Koalition, weil sich die ÖVP hintergangen fühlte. Rückblickend gesehen war diese Geschichte wahrlich kein Ruhmesblatt. Noch dazu haftete die Gemeinde Wien zu Beginn der Privatisierungsspirale für den irrwitzigen Betrag von 120 Milliarden Euro – ein Hypo-Debakel hätte es theoretisch auch hier geben können. Über die dem US-Hedgefonds gehörende Bawag läuft übrigens bis heute der Zahlungsverkehr des Bundes. Einigermaßen seltsam – unsere Daten, hallo?

Wenn Gewerkschaft/Arbeiterkammer nun bei jeder (vernünftigen) Privatisierung gegen den "Ausverkauf" staatlichen Eigentums wettern, dann darf man sie erinnern, wie kräftig sie daran schon einmal mitgewirkt haben. Kanzler Werner Faymann kann beim Untergang der Bank Austria nicht viel mehr als zuschauen. Obwohl der einstige Juso wie etliche andere Genossen seinerzeit im Sold der "Z" stand. Immerhin: Solch "goldene" Zeiten sind zu Recht vorbei.

martina.salomon@kurier.at

Seit Anfang der 1990er-Jahre ist die Geschichte der Bank Austria geprägt von Übernahmen und Fusionen, die stark politisch getrieben waren.

1991: Die Geburtsstunde der Bank Austria schlug mit der Übernahme der Länderbank, die stark auf Industriefinanzierung spezialisiert war, durch die vom roten Wien geprägte Zentralsparkasse. Die Unternehmenskulturen der beiden Institute konnte unterschiedlicher nicht sein: Die auf internationalem Parkett spielenden Länderbanker und die Kleinkundenbetreuer der "Z" mit ihren unkündbaren Verträgen. Rasch war klar, dass die Länderbank im Ausland enorme Verluste gebaut hatte, die die fusionierte Bank zu verdauen hatte. Die "Roten" fühlten sich aber als Gewinner im Machtkampf der Banken. 1994: Die Bank Austria hatte Appetit auf mehr. Ihre Mutter AVZ, eine Stiftung, verleibte sich im Bieterkampf gegen die "schwarze" Erste Bank die GiroCredit, das Spitzeninstitut der Sparkassensektors, ein. Nur zwei Jahre später verkaufte die AVZ wieder – an die Erste Bank.

1997: Die Staatsanteile der Creditanstalt (CA) gehen an die Bank Austria. Wieder verlor die Erste Bank das Rennen um die damals eher der schwarzen Reichshälfte nahe stehende Bank. Die Marke CA wurde bis 2007 beibehalten. Dann wurde aus "Bank Austria Creditanstalt" die "Bank Austria".

2001: Nach der Jahrtausendwende war es mit dem Höhenflug der Bank Austria vorbei. Die Russlandkrise 1999 hatte tiefe Löcher in die Bilanz gerissen. Die Stadt Wien als Haftungsträgerin für die AVZ war höchst besorgt. Die deutsche HypoVereinsbank (HVB) kaufte die Bank Austria.

2005: Die italienische UniCredit erwirbt die HVB, die an faulen Immobilienkrediten laboriert. Mit der HVB kommt die Bank Austria in italienische Hände. Das Ost-Geschäft bleibt über den "Bank der Regionen-Vertrag" bis März 2016 bei der Bank Austria.

Kommentare