Warum steirische AT&S jetzt voll auf Malaysia setzt
Mitten in der aktuellen Konjunkturdelle rüstet sich der steirische Leiterplattenhersteller AT&S für den Aufschwung in der Chipindustrie und baut seine Produktion in Asien kräftig aus. Heute, Mittwoch, wurde der neue AT&S-Campus im Hi-Tech-Park in Kulim/Malaysia offiziell eröffnet. Der Trommelwirbel einer Percussion-Formation sorgte für die nötige Stimmung.
Unabhängiger von China
AT&S will mit seinem bisher größten Auslandsinvestment den zunehmenden geopolitischen Spannungen trotzen, die Produktion diversifizieren und damit ein Stück unabhängiger von China werden. „Wir können unsere Kunden jetzt aus drei Regionen beliefern: Österreich, Malaysia und China“, betonte AT&S-Vorstandschef Andreas Gerstenmayer bei der feierlichen Eröffnung, an der rund 1.000 geladene Gäste teilnahmen.
Erstes Werk in Betrieb, zweites in Warteschleife
Insgesamt investiert AT&S rund 1,7 Milliarden Euro in seinen neuen, insgesamt siebenten Standort. Auf einer Fläche von 200.000 Quadratmetern wurden in nur zwei Jahren gleich zwei Fabriken und ein mehrgeschoßiges Verwaltungsgebäude hochgezogen. Etwa eine Milliarde floss in das Werk 1 für IC-Substrate, das bis Jahresende in Vollbetrieb gehen soll. Werk 2 steht noch leer und hängt quasi in der Warteschleife. Das sei in der Branche nicht unüblich, erläuterte Gerstenmayer vor Journalisten..
Wann es hochgefahren werde, hänge von der Auftragslage ab. „Spätestens im zweiten Halbjahr sollte die Konjunktur anspringen und das Wachstum in der Chipindustrie zurückkehren“, hofft der AT&S-Chef.
Chipriese AMD als Großkunde
Die in Kulim in Massenfertigung erzeugten IC-Substrate dienen als Verbindungselemente zwischen Leiterplatte und Chip und werden in Notebooks, Servern oder Hochleistungsrechnern eingebaut.
Integrated Circuit (IC)-Substrate sind in vielen modernen Geräten weltweit zu finden - von der 5G-Basisstation für den Mobilfunk bis zum Hochleistungsrechner. Moderne Mikrochips vereinen Milliarden von Transistoren auf kleinstem Raum. IC-Substrate werden verwendet, um diese hochkomplexen Mikrochips mit den Leiterplatten zu verbinden, auf denen Speicher, Stromversorgung und andere wichtige Systemkomponenten montiert sind.
Die IC-Substrate verbinden somit die winzigen Ein- und Ausgänge leistungsstarker Mikrochips mit den größeren Strukturen auf der Leiterplatte und schaffen damit eine Brücke zwischen der Nanowelt der Halbleiterindustrie und die Mikrowelt der Leiterplatten.
Heute sind IC-Substrate in den Gehäusen fast aller Hochleistungsmikrochips enthalten und für jegliche Form der Datenverarbeitung von entscheidender Bedeutung. Da Halbleiterhersteller stets immer leistungsfähigere und energieeffizientere Mikrochips bauen wollen, müssen die Transistoren immer kleiner werden.
Etwa die Hälfte der Kapazitäten wird an den US-Chiphersteller AMD geliefert, der die Substrate in seine Prozessoren für Rechenzentren einsetzt. „Die Künstliche Intelligenz erobert den PC und treibt damit das Geschäft“, erläuterte AMD-Manager Scott Aylor bei der Eröffnung. Die Fabrik von AT&S entstehe nun "zur richtigen Zeit am richtigen Ort".
Hightech-Cluster Kulim
Die Wahl auf Kulim fiel nach einen Screening von mehr als 30 Ländern, darunter auch Vietnam oder Polen. Für den Hi-Tech-Park, wo schon 40 Technologiekonzerne , darunter Intel und Infineon, Produktionen haben, spricht ganz klar die Infrastruktur. „Wir bekommen hier alles, um rasch starten zu können“, erzählt AT&S-Vorstand Ingolf Schröder.
Die Einkommen seien im Vergleich mit Europa immer noch niedrig, nur bei den Hochqualifizierten schrumpfe der Vorsprung. Der Einstiegsgehalt eines Akademikers liegt bei rund 1.000 Euro, gut ausgebildete Techniker sind ab 600 Euro Monatsgehalt zu haben.
2.400 neue Arbeitsplätze
Aktuell sind rund 1.000 Mitarbeiter bei AT&S in Kulim beschäftigt, bis Jahresende sollen es 2.400 sein. Mit der Rekrutierung sei schon 2021 begonnen worden, berichtet Schröder. Der Kampf um die besten Köpfe sei wegen der vielen Mitbewerber hier am Standort besonders groß. Anders als in Europa gäbe es aber viele Universitäten und technische Fachschulen in der Nähe, die eng mit der Wirtschaft kooperieren. Sogar ein eigenes Master-Studium für IC-Substrate wurde geschaffen.
Steigt die ÖBAG ein?
Im November berichtete der KURIER, dass im Zuge einer Kapitalerhöhung die Staatsholding ÖBAG einen Anteil von mindestens 25 Prozent plus einer Aktie erhalten könnte. AT&S bestätigte daraufhin erste Gespräche dazu. Wie weit diese fortgeschritten sind, wollte Gerstenmayer am Mittwoch nicht verraten. Man spreche aber auch mit anderen Investoren über einen möglichen Einstieg.
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