Dazu ein Beispiel: Um dieselbe Jahresenergiemenge zu erzeugen wie ein Gaskraftwerk, benötigt man Photovoltaikanlagen, die für die siebenfache Energieleistung ausgelegt sind. Die Stunden mit hoher Sonneneinstrahlung sind nun einmal begrenzt.
Dass 2019 weniger Strom importiert werden musste, ist eine Folge der höheren Lieferkapazität von Wasser und Wind. Denn bei hohen Windstärken kann heimische Windenergie einen beträchtlichen Beitrag liefern. Laut der IG Windkraft wurden etwa am 23. Dezember 2019 rund 37 Prozent der heimischen Stromversorgung durch Windkraft gedeckt.
Das kann so sein, muss aber nicht. Deutlich wird das Problem der schwankenden Liefermengen, wenn man sich eine weitere Tagesstatistik ansieht. Am 17.12.2019 kamen 40 Prozent des Inlandsverbrauchs aus dem Ausland. Versorgungssicherheit durch Eigenproduktion sieht anders aus.
Der Strom, der vor allem im Winter importiert wird, kommt laut der Energieaufsichtsbehörde E-Control zu 60 Prozent über die deutsche Grenze und zu 40 Prozent über die tschechische Grenze. Das sind aber nur die Lieferrouten. Eingekauft wird in Deutschland, weil dort der Strom am billigsten ist.
Es gibt auch ein Zertifikationssystem für Ökostrom. Damit ist gewährleistet, dass nur soviel Ökostrom aus dem europäischen Stromnetz entnommen wird, als zuvor eingespeist wurde. Wenn sich ein Kunde in Österreich für Wasserkraft aus Skandinavien entscheidet, dann wird die Energie nicht von Skandinavien nach Österreich geliefert, sondern kommt von grenznahen Stromerzeugern, egal wie sie diese Energie erzeugen. Das ist dann ein Strommix aus Erneuerbaren, Kohle und Atomstrom.
Der Technikvorstand des Netzbetreibers Austrian Power Grid, Gerhard Christiner, hält einen weiteren Ausbau der Erneuerbaren angesichts der Importe für notwendig. Ein Problem seien die fehlenden Langzeitspeicher für Strom. Die meiste Energie fällt im Frühjahr an. Es gibt derzeit aber keine ökonomisch vertretbare Variante, diese Energie bis zum Winter zu speichern.
Es ist möglich, überschüssigen Strom für die Erzeugung von Wasserstoff per Elektrolyse (Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff) zu nutzen. Effizient ist das allerdings nicht. Derzeit gibt es für das Speicher-Problem keine Lösung.
Österreich große Stromspeicher sind die Pumpspeicherkraftwerke in Westösterreich. Ein Großteil der Erneuerbaren wird aber in Ostösterreich erzeugt.
„Der weitere Ausbau der Stromnetze ist unumgänglich“, lautet die Schlussfolgerung von Christiner. „Das schafft Flexibilität.“ Man habe im Sommer in Österreich Gaskraftwerke in Betrieb nehmen müssen, weil die im Ausland gekaufte Strommenge wegen der zu geringen Leistungskapazität der Netze nicht importiert werden konnte. Derzeit sind auch mehrere Gaskraftwerke wie Dürnrohr oder Korneuburg stillgelegt worden. Eine rasche Inbetriebnahme ist nicht möglich. Es gibt dort kein Personal mehr.
Kommentare