Warum die Baukosten immer öfter explodieren

Wiener Stadthallenbad: Millionen-Streit zwischen Stadt und Architekten
Die Architekten kritisieren unfaire Verfahren, Inkompetenz und Intransparenz.

Wenn der öffentlichen Hand bei Bauvorhaben die Kosten davonfliegen, werden am Ende immer die Steuerzahler zur Kasse gebeten. Die Standesvertreter der Architekten und Zivilingenieure proben den Aufstand und wettern gegen die "Konstruktion von Bauskandalen auf Kosten der Steuerzahler".

Die Vorwürfe gegen die öffentliche Hand als Bauherr sind massiv: Intransparente und unfaire Vergabeverfahren, mangelnde Projektvorbereitung, bei der oft weder Finanzierung noch Planung abgeschlossen sind, permanente Änderungswünsche nach Baubeginn, Billigstbieter-Prinzip und eine "mangelnde Fehlerkultur".

Die Vergabe an Billigstbieter sei meist sehr teuer und hätte oft Konkurse oder schlechte Qualität zur Folge. Die Branche urgiert die Einführung des Bestbieter-Prinzips, das sich parlamentarisch noch hinzieht.

Der Stadt Wien wird zwar attestiert, eine verantwortungsvolle und besonders kompetente Auftraggeberin zu sein (eh klar, niemand will es sich mit der Stadt für künftige Aufträge verscherzen). Doch im selben Atemzug wird kritisiert, dass es bei der öffentlichen Hand "keine klaren Verantwortlichkeiten und Strukturen gibt" (Andreas Gobiet, Präsident des Verbandes der Ziviltechniker).

Politische Netzwerke

Bei Ausschreibungen gebe es "genug kreative Möglichkeiten, jene Planer zu bekommen, die man will", meint Peter Bauer, Chef der Architektenkammer für Wien, NÖ und Burgenland. Vor allem bei nachgelagerten Gesellschaften der Stadt Wien fehle es an Kompetenz, sind sich die Standesvertreter einig. Die Suche nach den Schuldigen werde "nach Möglichkeit außerhalb des eigenen politischen Netzwerks und der eigenen Verantwortlichkeit durchgeführt", kritisiert Kammer-Vize Bernhard Sommer. Außerdem müsste nicht jeder Baumangel automatisch vor Gericht landen. Durch "irrationales Konstruieren von vermeintlichen Schadenssummen" würden Prozesskosten ins Unermessliche gesteigert, ohne das Problem sachlich zu lösen.

Die Branche schlägt für die Stadt Wien eine Bündelung des Know-how nach dem gut funktionierenden Vorbild der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) vor.

Die Versicherungen haben bereits mit einer Verdoppelung der Haftpflicht-Prämien für 2016 reagiert, beklagen die Betroffenen. Die Selbstbehalte hätten sich verzehnfacht. Projekte seien nur noch bis 60 Millionen versicherbar, darüber hinaus brauche man eine Zusatzversicherung.

Für die Architekten-Kammer ist die missglückte Sanierung des Wiener Stadthallenbades „exemplarisch“ für ein öffentliches Projekt, das völlig ausufert. Nach einem Leck im Becken begann ein mehrjähriger Streit zwischen der Sportstätten Betriebsgesellschaft (WSTHB) der Stadt Wien und dem Generalplaner Architekt Driendl.

Derzeit stehe man bei einer angeblichen Schadenssumme von knapp 13,3 Millionen Euro, weshalb ein einziger Verhandlungstag (sechs Stunden) schon 200.000 Euro an Gebühren koste.

Anwalt Hannes Pflaum berichtet, die WHSTB habe sogar damit gedroht, das Verfahren auf einen Streitwert von 260 Millionen Euro auszudehnen. Die Stadt hatte 2012 einen Baustopp verhängt. Durch die Sperre des Bades drohe eine „Schädigung der Volksgesundheit“. Die Drohung, die den Kontrahenten einschüchtern sollte, wurde wieder zurückgezogen. Inzwischen entlastet ein gerichtliches Gutachten den Architekten großteils.

Auch der Umbau des Parlaments und der Bau des Krankenhauses Nord würden die Öffentlichkeit noch sehr beschäftigen, nennt Pflaum weitere Beispielfälle.

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