Wall Street: „Wir müssen Präsenz zeigen“

Heimische Konzerne versuchen in den USA Investoren zu finden. Die Schuldenkrise macht das Vorhaben aber sehr schwierig.

Finanzzentrum New York, Fifth Avenue: Während auf der Einkaufsmeile die Massen nach Weihnachtsgeschenken suchen, herrscht auch in einem Nobelhotel emsiges Treiben. Auf zwei Stockwerken buhlen in leer geräumten Zimmern zehn heimische und vier kroatische Konzerne einen Tag lang um 45 Investoren aus den USA. Jeweils eine Stunde können diese in einem Zimmer den Vorstand oder Investor Relations-Verantwortlichen eines Unternehmens Fragen aller Art zum Konzern stellen. Interesse herrscht vor allem an den Bilanzzahlen. Ist die Stunde um, zieht die Karawane ins nächste Zimmer weiter. „Wir haben mit zwölf Meetings die meisten“, erzählt Marcus Handl, Generalsekretär bei Kapsch TrafficCom. Der Konzern hat vor einem Jahr den US-Marktführer bei Mautsystemen übernommen, seitdem gebe es großes Interesse in den USA. „Unser größter Investor ist ein US-Fonds, jetzt sehen wir uns hier um kleinere Investoren um.“

 

Weniger gefragt ist die Immofinanz. „Wir haben sechs Gespräche. Schon seit 2008 werden wir nicht überrannt“, sagt Chef Eduard Zehetner. „Aber wir müssen Präsenz zeigen.“ US-Investoren würden sich als erste zurückziehen, weil Europa weit weg sei und sie sich nicht auskennen. „Amerikaner haben immer gute Ratschläge für Europa, aber sie vergessen, wie schlecht sie selbst sind.“

 

Der oberösterreichische Aluminiumkonzern AMAG ist seit seinem Börsegang im Frühjahr erstmals auf einer Roadshow. Auch er bekommt die Skepsis der Amerikaner zu spüren. „Sie glauben nicht so recht an Europa. Ich werde immer gefragt, wie es weitergehen wird. Meine ehrliche Antwort ist immer, ich weiß es auch nicht“, sagt Boss Gerhard Falch.

Post

„Die Euro-Skepsis ist hier ein Riesenthema“, bestätigt Post-Chef Georg Pölzl. „Daher ist es wichtig, präsent zu sein und Verständnis für Europa zu erzeugen.“ Kritisch hinterfragt werde auch immer der Staatsanteil (53 Prozent) am Unternehmen. Die Post sei lediglich vom gesetzlichen Rahmen abhängig, wie in jedem anderen Land, lautet Pölzls Antwort darauf. Generell sei die Post-Aktie ein Fels in der Brandung, bei Investoren sei vor allem die stabile Dividende gefragt.

 

Die Amerikaner erzählen offen von ihrer Euro-Skepsis. „Die Eurozone ist die dümmste Idee in der Geschichte der Menschheit“, meint etwa Anthony Dwyer vom Investor Collins Stewart Hawkpoint. Sie mache einfach keinen Sinn. Für Lindsey Piezga von der Investmentfirma FTN Financial gibt es derzeit einfach zu viele Risiken in Europa, auch außerhalb der Eurozone. „Zum Investieren ist es noch zu früh.“ Und Charles Gushee von Auerbach Grayson sieht zwar seine Kunden auf einem Riesenberg an freien Mitteln sitzen. Doch die Wiener Börse sei generell nicht der erste Platz zum Investieren. „Sie wird aufgrund ihrer geringen Größe übersehen.“

 

Das zu ändern ist ein Ziel ihres Chefs Michael Buhl. Seit 2003 führt die Wiener Börse Roadshows durch, acht bis zehn pro Jahr, von Tokio über London und Warschau eben bis nach New York. „Bei kleineren Börsen steigen die Investoren immer als erstes aus und am spätesten ein. Roadshows sollen helfen, das zu verbessern“, sagt Buhl.

 

Roadshow: Investorenkonferenz

Börsenotierte Konzerne pflegen den regelmäßigen Kontakt mit bestehenden und potenziellen neuen, großen Investoren. Vorstände reisen dazu auch direkt in die Finanzzentren der Welt. Organisiert wird dies oft zentral von den Börsen. Dann sind mehrere Unternehmen zugleich auf Roadshow.

Kommentare