VW bei Diesel-Vergleich mit Ex-Managern fast am Ziel

VW bei Diesel-Vergleich mit Ex-Managern fast am Ziel
Aufsichtsrat beschloss Konditionen der Vergleiche. Deal soll in nächsten Tagen finalisiert werden.

Volkswagen hat sich mit dem früheren Konzernchef Martin Winterkorn und weiteren Ex-Vorständen auf eine Entschädigung für den mit Milliardenkosten aufgearbeiteten Dieselskandal verständigt. "Der Aufsichtsrat hat in seiner gestrigen Sitzung die wesentlichen Konditionen der Vergleiche beschlossen", teilte ein Sprecher am Sonntag auf Anfrage mit. "Die Vereinbarungen sollen in den kommenden Tagen abgeschlossen werden."

Danach muss ein Vergleich noch von der Hauptversammlung im Juli abgesegnet werden. Knackpunkt war nach Angaben aus Verhandlungskreisen noch der Deal mit der Manager-Haftpflichtversicherung, die einen großen Teil der Entschädigung tragen soll. Mit dieser Vereinbarung soll ein womöglich langwieriger Zivilprozess vermieden werden.

Winterkorn bereit zu zahlen

Das Wirtschaftsmagazin "Business Insider" hatte vergangene Woche berichtet, der Konzern habe sich bereits mit den meisten Managern auf Vergleiche geeinigt. Winterkorn soll sich demzufolge bereit erklärt haben, rund zehn Millionen Euro zu zahlen. Im Zuge der Verhandlungen habe sich der Autohersteller auch mit einem Versicherungskonsortium auf die Zahlung von 200 bis 300 Millionen Euro verständigt, hatte es geheißen. Ursprünglich war Winterkorn ein Schaden von mehr als einer Milliarde Euro zugerechnet worden. Bei Stadler kamen die VW-Anwälte auf mehrere hundert Millionen Euro.

Der VW-Aufsichtsrat hatte Ende März beschlossen, von Winterkorn und dem ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler Schadensersatz wegen der Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten zu fordern. Auch vier ehemalige Vorstände von Audi, Porsche und VW nahm der Konzern wegen der Abgasmanipulation in Regress.

Untersuchungen

Der Aufsichtsrat stützte sich auf Untersuchungen einer Anwaltskanzlei, die in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Dokumente, Dateien, Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft sowie behördliche und gerichtliche Verfahren auswertete und selbst mehr als 1500 Interviews und Vernehmungen führte.

Nach Überzeugung des Aufsichtsrats stand danach fest, dass Winterkorn es in der Zeit ab dem 27. Juli 2015 unterlassen habe, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in Dieselmotoren aufzuklären, die zwischen 2009 und 2015 in den USA verkauft wurden.

Vorwurf zurückgewiesen

Außerdem habe Winterkorn nicht dafür gesorgt, dass die in dem Zusammenhang von den US-Behörden gestellten Fragen umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet wurden. Winterkorn, der den Autokonzern bis zu seinem Rücktritt im September 2015 führte, hatte die Entscheidung des Aufsichtsrats bedauert. Den gegen ihn erhobenen Vorwurf hatte er durch seinen Anwalt zurückweisen lassen.

Die Wolfsburger haben für ihr Top-Management eine Haftpflicht-Versicherung abgeschlossen, sie soll Branchenkreisen zufolge mit einer Deckungssumme von maximal 500 Millionen Euro eine der größten Absicherungen dieser Art in Deutschland sein. Aus solchen Directors and Officers Policen (D&O), mit sich denen auch andere Konzerne gegen Managementfehler absichern, zahlen Versicherer meist unter der Bedingung, dass eine Führungskraft nicht vorsätzlich gehandelt hat. Deshalb argumentierte Volkswagen bei seiner Schadensersatzforderung mit dem Vorwurf aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen.

Häufig Vergleiche

Schadensersatzforderungen von Konzernen gegen Manager hat es schon einige gegeben. Oft enden solche Verfahren in außergerichtlichen Vergleichen. Der frühere Konzernchef und "Mister Siemens" Heinrich von Pierer akzeptierte vor einigen Jahren einen Strafbefehl wegen der Verletzung seiner Aufsichtspflicht in einem Schmiergeldskandal und zahlte fünf Millionen Euro Schadensersatz an Siemens.

Sowohl Winterkorn als auch Stadler haben mehrfach erklärt, nichts von dem Dieselbetrug gewusst zu haben. Strafrechtlich muss sich Winterkorn ab September zusammen mit vier weiteren VW-Managern vor dem Landgericht Braunschweig wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs verantworten. Stadler steht bereits seit Herbst vor dem Landgericht München. Ihm und drei Ingenieuren wirft die Staatsanwaltschaft Betrug, mittelbare Falschbeurkundung und strafbare Werbung vor. Alle Angeklagten im Dieselskandal haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

Kosten bisher: 32 Milliarden Euro

Volkswagen hatte auf Druck der amerikanischen Umweltbehörden vor fast sechs Jahren zugegeben, millionenfach Diesel-Abgaswerte durch eine Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung manipuliert zu haben. Die Wiedergutmachung hat den Konzern bisher mehr als 32 Milliarden Euro gekosten, vor allem Strafen und Schadensersatzzahlungen in den USA.

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