Von PS, E-Bikes und Steuerakten

Den Erfolg verdankt KTM-Chef Pierer den Rennsiegen.
Der Industrielle baut seine Palette aus und hat rechtliche Schritte gegen die SPÖ eingeleitet.

KURIER: Viele kennen die Rennerfolge von KTM, aber wenige wissen, dass KTM der größte europäische Motorradhersteller ist. Warum?

Stefan Pierer: Das ist typisch österreichisch. Man sieht Dinge wie die Olympischen Spiele oder die Metoo-Bewegung, aber die Unternehmen sieht man nicht.

Wie weit wäre KTM ohne sportliche Erfolge gekommen?

Es gibt drei Elemente, die für die Marken KTM und Husqvarna lebensnotwendig sind. Das ist eine scharfe Positionierung, Innovationen und Globalisierung. Wir verkaufen mehr als 50 Prozent außerhalb Europas und haben eine Exportquote von 97 Prozent. Die zwei Marken sind zu 90 Prozent über den Rennsport aufgeladen.

Welche Themen werden in Zukunft für Schub sorgen?

Das Wachstum kommt von den Emerging Markets durch die Zusammenarbeit mit (dem indischen Motorradhersteller, Anm.) Bajaj. Wir reüssieren gegenüber den Japanern mit Einstiegsmotorrädern zu günstigen Preisen. E-Mobility und urbane Mobilität wird bei Zweirädern eine wichtige Rolle spielen.

Viele zweifeln, dass Elektroautos eine Zukunft haben. Ist das bei Motorrädern anders?

Bei den Autos ist das Thema E-Mobilität noch nicht durch, beim Fahrrad aber schon. 2017 wurden in der DACH-Region eine Million E-Bikes verkauft. Die Preise liegen im Durchschnitt bei den Einstiegspreisen von Motorrädern, das ist margenmäßig interessant. Daher sind wir vergangenes Jahr eine Partnerschaft mit einem E-Fahrradhersteller in Deutschland, der Firma Pexco, eingegangen. Pexco baut und vertreibt unter der Marke Husqvarna, die Produkteinführung wird zu Ostern sein. Wir rechnen, dass wir heuer 40.000 Stück verkaufen werden. Die E-Motoren gewinnen an Leistung, ich glaube, dass sie die Mofas und Mopeds ersetzen werden. Auch andere große Player steigen in diesen Bereich ein.

Wo liegt ihr Umsatzziel für 2018?

Die Guidance liegt bei plus zehn bis zwölf Prozent, Treiber sind Lateinamerika und Asien. Nordamerika ist der wichtigste Einzelmarkt.

Leiden Sie unter der America-first-Politik von US-Präsident Donald Trump?

Nein, es gibt noch keine Importzölle. Aber die Volatilität auf politischer Seite hat zugenommen.

Dem US-Motorradhersteller Harley-Davidson geht es sehr schlecht, manche zweifeln sogar, dass jemals wieder bergauf geht. Was macht er falsch?

Harley-Davidson hat es verabsäumt, junge Kunden aufzubauen. Das ist eine unserer Stärken, wir holen unsere Jungfahrer mit fünf bis sechs Jahren ab. Die Sportlerkarriere dauert bis 30, dann kommen die Kinder und die Karriere, viele kommen dann später wieder auf eine KTM zurück.

Stefan Pierer wird also nicht Harley-Davidson übernehmen?

Nein, wir sind eine europäische Company und wollen das auch bleiben. Harley-Davidson hatte die vergangenen 20 Jahre eine Erfolgsgeschichte mit ihren Cruisern, aber der Markt hat sich gedreht. Die Baby-Boomer gehen in Pension und Harley-Davidson hat kein Produkt für Junge. So, wie ich die Lage in der Branche derzeit sehe, weiß ich nicht, wie sie ein Revival haben können.

Sie nehmen den Rennsport-Zulieferer Pankl Racing von der Börse, warum?

Es sind nur mehr zwei Prozent im Streubesitz, das ist den ganzen Zinnober wie Compliance, Fixkosten und so weiter, nicht mehr wert. Außerdem sind zwei Börsennotierungen eher hinderlich, das ist eine rationale Vereinfachung.

Sind Sie mit der Arbeit der neuen Regierung zufrieden?

Die Regierung ist noch in der 100-Tage-Phase, zumindest solange sollte man ihr Zeit geben, bevor man urteilt. Das Programm klingt gut, wir warten auf die Umsetzung. Wir haben noch ein paar Landtagswahlen, die die 100 Tage mitbeeinflussen können, aber ich bin optimistisch, dass wichtige Dinge, wie Arbeitszeitflexibilisierung, geschehen werden.

Die Gewerkschaft befürchtet bei der Arbeitszeitflexibilisierung Missbrauch.

Das ist Unsinn. Wir bauen ja schon Werkssiedlungen für unsere Mitarbeiter und schaffen ein möglichst ideales Umfeld. Wer will, kann sich heute seinen Job aussuchen und Forderungen stellen. Die nächste Generation will flexibel arbeiten, der Missbrauch ist eine Falscheinschätzung der Gewerkschaft. Mehr als zehn Stunden pro Tag kann man ohnehin nicht konzentriert arbeiten. Der Rennsport findet von Donnerstag bis Sonntag statt, da heißt es "Win on Sunday, sell on Monday".

Aber die Freiwilligkeit bei längeren Arbeitszeiten lässt sich schwer kontrollieren.

Durch die Digitalisierung kann man überall arbeiten, die Leute wollen das. Sie gehen zu attraktiven Arbeitgebern mit attraktiven Rahmenbedingungen, und das benötigt moderne Arbeitszeitgesetze. Die Kritik ist fast schon kommunistisch. Nur erfolgreiche Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, produzieren Steuern und sorgen für Wohlstand. Die Politik ist für die Rahmenbedingungen zuständig. Die meisten Leute auf der Straße glauben immer noch, dass der Staat die Arbeitsplätze schafft.

Im vergangenen Nationalratswahlkampf wurde ihr Steuerakt offengelegt, Sie haben danach über rechtliche Schritte nachgedacht. Kommen diese?

Wir haben rechtliche Schritte eingebracht, mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Die SPÖ warf ihnen Steuervermeidung vor, Steuerexperten nennen es Stundung.

Das ist eine Lösung, durch die all mein Einkommen im Unternehmen bleibt. Das ist für Investitionen und Wachstum, ich entnehme nichts. Eine gute Eigenkapitalquote ist die Grundlage für Wachstum. Sollte ich etwas entnehmen, muss ich es versteuern. Es ist schizophren, dass ich rechtfertigen muss, dass ich Geld in die Firma einbringe.

Auch ihre Spende an die ÖVP in Höhe von 400.000 Euro wurde kritisiert.

Die 400.000-Euro-Spende basierte auf Crowdfunding-Aktivitäten. Es war mein Angebot, das, was reinkommt, zu verdoppeln. Das war ein transparenter und offener Prozess.

Wie weit darf die Wirtschaft aus Ihrer Sicht auf die Politik Einfluss nehmen?

Wir haben bereits gesagt, was dem Standort Österreich fehlt und haben die Hoffnung, dass Kurz das richtig umsetzen wird. Er hat gezeigt, dass er politisches Talent hat. Das ist die Generation, die das Land einmal führen muss. Es ist erfrischend zu sehen, dass sie Verantwortung in jungen Jahren übernimmt. Gehen sie ins Ausland und hören sie sich an, wie dort seine Reputation ist.

Im Ausland hört man aber auch Kritik über den Juniorpartner FPÖ, der unter anderem mit der Aussagen von Innenminister Herbert Kickl, Flüchtlinge zu "konzentrieren" oder NS-Liederbüchern negativ auffällt. Bereitet Ihnen das nicht Kopfschmerzen?

Die FPÖ ist eine demokratisch gewählte Partei. Kurz hat gesagt, dass er an Taten und Ergebnissen gemessen werden will. Das muss man der FPÖ auch zugestehen.

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