Vom Zinshaus bis zur Spedition: Die Baustellen der ÖBB
Das muss man einmal schaffen. Während in ganz Österreich Wohnungen knapp sind, sitzen die ÖBB auf 2.000 Wohnungen, die leer stehen. Die Staatsbahn ist einer der größten Wohnungseigentümer des Landes, ihr gehören 540 Mehrfamilien- und Zinshäuser mit 6.000 Wohnungen. Vermietet an Eisenbahner, aber auch an Dritte. Doch seit etlichen Jahren liegt die Leerstandsquote bei einem Drittel. Bei einem privaten Immobilienunternehmen käme das einer managementmäßigen Bankrotterklärung gleich.
So gut wie nie investiert
Aber wir sind hier bei einem Staatsunternehmen, zu dessen Kerngeschäft Immobilienbewirtschaftung nicht gehört. Investiert wurde so gut wie nie, dementsprechend ist der Zustand vieler Wohnungen. Die Immobilien liegen teils in unattraktiven Randlagen, teils in guten Wohnbezirken – dort logieren auch Ex-Vorstände der Bahn. Die Mieteinnahmen wurden nie in die Sanierung des Immobilienbestandes investiert, sondern flossen ins Bahnbudget.
Langer Streit
Dazu kommt, dass der Betriebsrat ein Einweisungsrecht hat und dementsprechend mitredet. Dass es mit dem Immobilienbestand, der in der Infrastruktur-Gesellschaft der Bahn geparkt ist, so nicht weitergehen kann, dämmerte schön langsam allen Beteiligten. Lange und heftig wurde in den vergangenen Jahren über eine Stiftungslösung gestritten, diese dann aber wieder verworfen.
Jetzt haben sich der Vorstand, der das Problem von den Vorgängern geerbt hat, und der Betriebsrat geeinigt. Ein Teil der Wohnungen wird verkauft, vor allem dort, wo die Bahn keinen Bedarf an zusätzlichen Mitarbeitern hat. Zahlen werden nicht genannt, doch die Rede ist von bis zu einem Drittel. Mit den Erlösen wird der Bestand saniert und auf qualitativ hochwertigen Standard gehoben.
Mitarbeiter-Bindung
„Unsere Wohnungen sind für uns ein Instrument der Mitarbeiter-Bindung. Da es keine Definitiv-Stellung mehr gibt und wir aber trotzdem wollen, dass die Menschen ihr ganzes Leben in den ÖBB verbringen“, sagt dazu Arnold Schiefer, Finanzvorstand der Holding. Statt Pragmatisierung also eine schöne Dienstwohnung, um Mitarbeiter zu holen und zu halten. Die Bahn steht vor großen Pensionierungswellen und braucht in den nächsten fünf Jahren 10.000 neue Mitarbeiter.
Noch offen ist, was mit der ehemaligen Zentrale passiert. Das riesige Palais in der Elisabethstraße in bester Wiener Citylage steht seit Jahren leer. Da es immer wertvoller wird, wird es nicht verkauft, sondern soll mit einem Partner, etwa einer Hotelgruppe, entwickelt werden.
Nächste Baustelle
Das unrühmliche Kapitel Q Logistics, das schwer defizitäre Speditionsgeschäft der Bahn, soll heuer geschlossen werden. Der Versuch, im komplexen Stückgut-Verkehr (Tür zu Tür, 3,7 Millionen Sendungen im Jahr) zu reüssieren, scheiterte kläglich.
Der private Partner, die Logistik-Gruppe Quehenberger, zog die Notbremse und stieg aus. Vom damaligen Bahn-Chef Christian Kern an Bord geholt, waren die Erwartungen in Quehenberger groß. Das mittelständische Unternehmen, flexibel und mit flachen Hierarchien, sollte den Großkonzern ÖBB beflügeln.
Es kam anders, die Unternehmenskulturen waren zu unterschiedlich, jedes Jahr fielen bei 260 Millionen Euro Umsatz weitere Verluste an, 26 Millionen waren es im Vorjahr. Der Großteil der Sendungen wird mit Lkw transportiert.
Bieterfrist endet
Die ÖBB warfen die Q Log auf den Markt, die Bieterfrist endet demnächst. Noch im Rennen dürften drei bis vier Bieter sein, Finanzinvestoren und ein Logistiker. Ein Privater könnte Q Log durchaus mit Gewinn führen, nicht aber die Staatsbahn.
ÖBB-intern wird über einen zweiten Fall AUA geätzt. Die ehemalige Staats-Airline konnte nur mit 500 Millionen Euro Mitgift an die Lufthansa „verkauft“ werden. Von AUA-Dimensionen ist Q Log allerdings weit entfernt, hier geht es um einen niederen zweistelligen Millionenbetrag. Aber noch lebt die Hoffnung, womöglich sogar etwas dafür zu bekommen.
Pragmatisierte Belegschaft
Die Frage der 280 beamteten Mitarbeiter (von 980 Beschäftigten) sollte einen Verkauf nicht blockieren. Rund 140 dringend benötigte Fachkräfte sollen vom neuen Käufer übernommen werden, der Rest kommt in den ÖBB unter. Die pragmatisierte Belegschaft würde ihren Status auch bei einem Verkauf behalten. Sie könnte an den neuen Eigentümer vermietet werden, oder die höheren Kosten schlagen sich im Kaufpreis nieder.
Lösung bis Jahresende
Die Verhandlungen führt der vormalige ÖBB-Finanzvorstand Josef Halbmayr (ÖVP), noch Aufsichtsratschef der Q Log. Als Berater ist KPMG mit dabei. Schiefer gibt sich zurückhaltend: „Mein Ziel ist es, die Q Log bestmöglich zu verpartnern. Wir stehen in intensiven Verhandlungen und werden jedenfalls bis Ende des Jahres dieses Thema gelöst wissen.“
Problem Gütersparte Rail Cargo Group (RCG)
Zu Jahresbeginn hatte es für den 8.500 Mitarbeiter großen Teilkonzern noch halbwegs gut ausgesehen, doch im Februar begann der Konjunktur-Einbruch in der Automobil- und Stahlindustrie. Die voestalpine ist einer der größten Kunden der Rail Cargo. Jetzt wird ein Sanierungskurs gefahren, Kapazitäten wurden reduziert. Das Ergebnis (EBT) sank schon 2018 um 44 Prozent auf 23,5 Mio. Euro. Heuer fährt die RCG deutlich unter dem Vorjahresergebnis und dürfte einen Gewinn wohl nur unter Aufbietung aller Konzern-Rechenkünste ausweisen.
ÖBB-Boss Andreas Matthä ist zuversichtlicher: „Die RCG wird auch heuer positiv abschließen, im Vergleich zu anderen europäischen Güterbahnen, die mehrere Millionen Verlust machen, ist das ein ausgesprochen respektables Ergebnis.“ Das Umfeld für den Güterverkehr sei alles andere als rosig, „schauen Sie sich die Lkw-Lawinen auf Österreichs Autobahnen an“. Man setze alles daran, gemeinsam mit der Politik eine Trendwende hinzubekommen.
Das wird noch dauern. Man solle die RCG „nicht schlechtreden“, legt Matthä nach. „Wir haben gerade einen Auftrag von Caterpillar für Transporte von Estland nach Kasachstan an Land gezogen.“ Dann wird ja alles gut.
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