Vom Uhrmacher zum Autozulieferer
Wir haben gar kein eigenes Produkt“, sagt Robert Pollmann, Chef des gleichnamigen Waldviertler Familienunternehmens, und lässt sich in seinen Sessel fallen. Dennoch beschäftigt er 1200 Mitarbeiter und hat im Vorjahr mehr als 100 Millionen Euro umgesetzt.
Pollmann entwickelt und produziert Metall- und Kunststoffverbundkomponenten im Zusammenhang mit elektro-/mechanischen Erzeugnissen und ist Spezialist bei der Um- und Hinterspritzung von Materialien wie Kunststoff und Metall. Gebraucht wird das vor allem in der Autoindustrie. Streng genommen ist Pollmann Zulieferer der Autozulieferer. „Die Autobauer kaufen heute ja 35 Meter Bremsweg und nicht mehr eine Bremse“, erklärt Pollmann. Wie die Wünsche umgesetzt werden können, überlegt sich Pollmann und liefert die entsprechende Maschine dazu. Die Waldviertler fertigen für Hebasto, Bosch oder Magna. Teile von Pollmann stecken in den Türschlössern von Range Rover, in Schiebedächern vom 3er BMW oder im Automatikgetriebe von Mercedes. Aber auch in DVD-Playern oder Waschmaschinen.
Im Büro des Firmenchefs plätschert gemächlich das Wasser des Aquariums, er trinkt Granderwasser und kramt in seiner „Schatzkiste“, in der er alle möglichen Teile zu Demonstrationszwecken griffbereit hält: von der Schiebedachkinematik, über Autoschlösser bis hin zu elektrischen Lenkungen.
In der Spritzerei laufen währenddessen Riesenmaschinen vollautomatisch. Rund 25.000 Autoschlösser produzieren sie am Tag – überwacht von 30 Mitarbeitern pro Schicht, die zwischen den Riesenapparaten aber so gut wie nie zu sehen sind. Nicht so menschenleer wirkt der Reinraum, der im Vorjahr um eine halbe Million Euro zur Herstellung von Kunststoff-Metallverbindungen gebaut wurde. Unterm Strich hat Pollmann im Vorjahr 3,5 Millionen Euro in Karlstein investiert, heuer werden rund zwei Millionen in neue Maschinen und Anlagen fließen.
Von der Uhr zum Auto
Die Wurzeln des Unternehmens reichen ins Jahr 1888, als das Waldviertel das Zentrum der österreichischen Uhrenindustrie war. In den langen Wintern haben Bauern und auch die Pollmanns für Uhrmacher gearbeitet. Seine Großeltern haben daraus eine Firma gemacht. „Meine Großmutter kam von Innsbruck in die Uhrmacherschule nach Karlstein und hat ihren Lehrer geheiratet, das war nicht ganz „friktionsfrei“, grinst Pollmann.
Nach den Uhren starteten sein Vater und Onkel mit der Herstellung von Tonbandzählern für Abspielgeräte von Langspielplatten. Dank ihrer Kunststoffspritzguss-Maschine – der ersten am Markt – setzten Firmen wie Grundig und Philipps bei Tonband- und Videogeräten auf Teile von Pollmann.
Später kaufte die Autoindustrie im großen Stil Kilometerzähler im Waldviertel ein. „Der erste Autokunde war Ford Großbritannien. Wegen dem Pfund-Schilling-Kurs war Österreich für Ford ein richtiges Billiglohnland.“ Bald bestellte auch Ford USA, heute hat Pollmann ein eigenes Werk in Chicago, neben Standorten in China und Tschechien. „Von der Krise merken wir nicht viel“, sagt er und klopft schnell auf Holz. Die USA und China haben ihm 2012 ein Umsatzplus beschert. Nach dem Motto „andere Länder – andere Sitten“ kann Pollmann stundenlang Schwänke von seinen Tochterfirmen erzählen. Etwa, dass Chinesen immer „Ja“ sagen, auch wenn sie nicht wissen, worum es geht. „In China haben wir einem Arbeiter gesagt, dass er einen Raum verfliesen soll. Hat er auch. Allerdings hat er die Fliesen mit der glasierten Fläche auf die Wand gepickt. Er hatte noch nie Fliesen gesehen, wollte aber nicht nachfragen.“
Pollmann ist Hersteller und Zulieferer für die Auto-, Konsum-, Elektronik- und Medizintechnik- Industrie. Das Unternehmen entwickelt und produziert Metall- und Kunststoffverbund-Kom-
ponenten. Für die Automobil- industrie werden unter anderem Türschlosssysteme, Anschluss- stücke für Benzinpumpen oder Schließsysteme für Cabriover- decke hergestellt. Aber auch Verschlusssysteme für Waschmaschinen kommen von Pollmann.
Familienbetrieb
Firmensitz ist seit 125 Jahren Karlstein im Waldviertel. Pollmann beschäftigt 1200 Mitarbeiter, davon 460 in Österreich. Tochterfirmen gibt es in den USA, in China und Tschechien. Die Exportquote liegt bei über 90 Prozent. Im Vorjahr setzte Pollmann mehr als 100 Millionen Euro um.
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