Vom fünften zurück in den vierten Gang

In der Autoindustrie gibt es einige Unbekannte, etwa Trumps Pläne für Import-Zölle
Das Wachstumstempo in der Türkei und in Rumänien lässt nach, der Westbalkan gewinnt weiter an Fahrt

Die meisten Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas (Mosoel) haben ihren konjunkturellen Zenit überschritten. Klingt dramatisch, ist es aber nicht, beeilt sich Vasily Astrov vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) zu betonen: „Wir reden hier nicht über eine Krise. Das Wachstum bleibt im Großen und Ganzen robust und in manchen Teilen der Region gibt es sogar einen Aufschwung, vor allem am Westbalkan und auch in manchen GUS-Ländern.“

Der Konjunkturmotor kühlt vor allem in der Türkei und in Rumänien ab, also in Ländern, die zuletzt mit Wachstumsraten um die sieben Prozent zu überhitzen drohten, erläutert Astrov. Zumindest diese Gefahr scheint gebannt. Heuer rechnen die Experten mit einer Halbierung des Wachstums in den beiden Ländern. Schuld daran sind vor allem die sinkenden privaten Ausgaben, erklärt Astrov. Die Zentralbanken haben auf die Währungsabwertungen mit Zinserhöhungen reagiert, dadurch Kredite verteuert und den privaten Konsum gedrosselt. Im Falle Rumäniens kam noch eine schlecht implementierte Steuerreform dazu, deren Folge für Konsumenten schwer einschätzbar war und die so ebenfalls die Konsumlust dämpfte.

Weniger Tempo

Auch Länder Mitteleuropas schalten beim Wachstumstempo um ein paar Stufen zurück – mit Ausnahme der Slowakei. Sie profitiert von einem Jaguar-Land-Rover-Werk, das heuer in Betrieb geht. Mit Jaguar fährt der vierte Autobauer – nach Volkswagen, Peugeot PSA und Kia – seine Produktion im 5,4-Millionen-Einwohnerland hoch. Experten warnen, dass sich damit der Fachkräftemangel verschärfen wird. Ein Problem, das auch in Polen, Tschechien oder Ungarn immer größer wird. „Es werden immer mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland importiert, vor allem aus der Ukraine“, sagt Astrov. Nebeneffekt: Die Gastarbeiter überweisen Geld in ihr Heimatland und kurbeln damit die Wirtschaft an.

Eine Unbekannte für die slowakische Autoindustrie bleibt auch US-Präsident Donald Trump. Er droht, wie berichtet, mit Zöllen auf US-Autoimporte, in welcher Form sie kommen und wie sie sich auswirken werden, bleibt offen.

Mehr Geld für den Süden

Auch wie die EU ab 2021 ihre Gelder verteilt, ist noch offen. Fix ist, dass nach dem Brexit weniger Geld im Topf sein wird. Und dass dieses neu verteilt wird. Südeuropäische Länder wie Italien, Spanien oder Griechenland sollen künftig mehr EU-Transfers bekommen, zulasten mitteleuropäischer Länder. „Ob das 15 Prozent, 20 Prozent, 25 oder 30 Prozent weniger ist, ist vollkommen offen“, sagt wiiw-Ökonom Sandor Richter. Grund für die Umschichtung ist vor allem die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere Jugendarbeitslosigkeit, in den Südländern.

Die Handelsverflechtungen Österreichs mit den osteuropäischen Ländern bleiben eng, in vielen Staaten gehört Österreich zu den Top-Investoren. Die so genannten Visegrád-Staaten (Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn) waren die einzigen österreichischen Exportländer, die seit der Wirtschaftskrise 2008 einen Anteilsgewinn (von insgesamt 0,75 Prozentpunkten) verzeichnen haben, sagt wiiw-Ökonomin Julia Grübler. Die Westbalkan-Staaten haben dagegen etwas an Bedeutung verloren. Die Region, etwa Serbien, rückt allerdings in den Fokus der Investoren, die sie als alternativen Standort zu Mitteleuropa sehen. Als Treiber gelten auch Infrastrukturmaßnahmen, die unter dem Schlagwort „neue Seidenstraße“ geplant sind.

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