Chef der Volksbank Wien: "Konsumkredite gibt’s per Handy"

Gerald Fleischmann, Chef der Volksbank Wien
Gerald Fleischmann, Chef der Volksbank Wien, über den Neustart der Volksbanken nach der Krise.

Seit Mitte der Vorwoche ist die Volksbanken-Gruppe wie neu geboren: Die Bankenaufsicht der Europäische Zentralbank (EZB) hat den Umbau der Gruppe endgültig genehmigt. Gerald Fleischmann, Chef der Volksbank Wien, des nunmehrigen Spitzeninstituts des Volksbanken-Sektors, spricht im KURIER über die neue Ära und was die Kunden davon haben.

KURIER: Herr Fleischmann. Viele Kunden verbinden mit Volksbank noch das Wort Krisenbank. Zu Recht?

Gerald Fleischmann: Nein. Wir haben den Krisen-Status überwunden. Die EZB hat uns die unlimitierte Genehmigung ohne Auflagen gegeben. Wir haben ausreichend Kapital und der neue Volksbanken-Verbund funktioniert.

Was hat sich geändert?

Sehr viel. Der Volksbanken-Verbund agiert heute wie ein Konzern. Früher gab es starke regionale Eigenständigkeit. Die Volksbank Wien als Zentralinstitut hat jetzt ein Weisungsrecht an die Volksbanken. Die Volksbanken sind für den Vertrieb zuständig.

Über die Volksbanken läuft eine Fusionswelle. Wie viele gibt es noch?

Im Moment fusionieren wir jede zweite Woche eine Bank. Vor einem Jahr gab es 58 regionale Volksbanken, jetzt sind es 21. Das ist eine Fusions-Maschine mittlerweile. Fusioniert wird am Wochenende, damit der Kunde nichts merkt. Am Ende bleiben acht Volksbanken plus zwei Spezialinstitute – Ärztebank und Sparda Bank.

Es haben aber nicht alle Volksbanken mitgemacht ...

Nur zwei nicht. Gmünd und Osttirol haben die Dolomitenbank gegründet und haben mit den Volksbanken gar nichts mehr zu tun. Die Volksbank Almtal hingegen will wieder zurück in den Volksbanken-Verbund. Die große Mehrheit der Volksbanken hat also mitgemacht. Wenn man so nah am Abgrund gestanden ist, ist man eben zu vielem bereit.

Durch die Fusionen müssen auch Mitarbeiter gehen. Wie kommt das bei den Kunden an? Ja, bei allen Fusionen fallen regional Arbeitsbereiche weg. Aber im Kundengeschäft bleiben die Mitarbeiter gleich. Viele Geschäftsbereiche werden nun zentral von der VB Services in Wien übernommen. Insgesamt werden wir von 4300 auf 3600 Beschäftigte reduzieren. Durch die Fusionen sind bis jetzt sogar 150 mehr Mitarbeiter gegangen als wir im Plan hatten. Es ist eben ein Unterschied, ob jemand z. B. in Laa an der Thaya arbeitet, oder täglich von dort nach Wien pendeln muss.

Kosten senken ist die eine Seite. Aber wie wollen die Volksbanken Geld verdienen?

Wir haben ein klares Geschäftsmodell mit dem Fokus auf Kleinfinanzierungen, ausschließlich in Österreich. Das ist wichtig für die Sparer. Sie wissen: Wir tragen ihre Spareinlagen nicht nach Russland. Und wir haben unsere Töchter verkauft: Bausparen, Leasing, Investmentfonds, Factoring wickeln wir nicht mehr selbst ab, sondern die Produktpartner. Wir verkaufen z.B. keine Konsumkredite mehr, sondern wir verkaufen Konsumkredite der TeamBank, einer Tochter der deutschen DZ Bank. Das senkt unsere Kosten. Wir bedienen die Massenkundschaft bei Wohnbau- und kleinen Unternehmenskrediten.

Massenkundschaft heißt das auch Massenprodukte?

Im Volksbanken-Sektor gab es wegen der regionalen Eigenständigkeit einen Wildwuchs an Produkten. Wir haben mehr als 700 verschiedene Produkte. Die werden wir massiv reduzieren auf rund 25 für Private und 25 für Kleinbetriebe. Wir sagen: einfach, einfach, einfach. Das reduziert den Aufwand in der IT.

Online-Banken sind auch einfach. Wie stellen Sie sich dieser Konkurrenz?

Wir werden im September ein neues Volksbank eBanking vorstellen. Da ist fingerprint drinnen, drag and drop, bar-TAN. Digital werden wir weiter ausbauen. Zum Beispiel beim Konsumentenkredit. Wir werden 2017 mit app über die TeamBank einen Konsumentenkredit anbieten. Der Kunde muss nur ein, zwei Mal in der Filiale so einen Kredit abgeschlossen haben. Dann kann er z.B. beim Saturn gleich 500 Euro Konsumentenkredit für den Fernseher per Smartphone bekommen.

Vorige Woche haben die Volksbanken Bausparkasse und Immo-Bank verkauft. Haben Sie jetzt nicht genug Geld, um selber diese Kredite zu vergeben?

Der Verkauf bringt einiges beim Eigenkapital, das damit bis Jahresende auf mehr als 12,5 Prozent steigen wird. Und wir sind jetzt sogar über-liquide.

Was machen die Volksbanken mit dem vielen Geld?

Wir haben eine Milliarde Euro bei der EZB liegen, für die wir 0,4 Prozent Zinsen zahlen müssen. Das ist ein extremer Kostenfaktor.

Warum vergeben Sie nicht mehr Kredite anstatt das Geld bei der EZB zu negativen Zinsen zu parken?

Liquidität allein reicht nicht für die Kreditvergabe. Man braucht auch genügend Eigenkapital, weil jeder Kredit mit einem Teil des Eigenkapitals unterlegt werden muss. Das war bei den Volksbanken nicht immer möglich. Jetzt ist das anders. Wir haben nun genügend Eigenkapital und Liquidität und werden nun stark ins Finanzieren der Privatkunden und der Klein- und Mittelbetriebe gehen.

Die Menschen beklagen aber, dass sie nur schwer Kredite bekommen.

Ich glaube, das ist ein subjektives Empfinden. Ich sehe das Gegenteil: Die Banken wollen mehr Kredite vergeben. Der Wettbewerb nimmt enorm zu, die Margen für die Banken sinken. Banken brauchen Kreditnehmer, weil sie bei Spareinlagen nichts verdienen, sondern draufzahlen. Der Kunde bekommt zwar nur 0,1 Prozent für seine Spareinlage. Aber wir zahlen 0,4 Prozent an die EZB, wenn wir das Geld, das wir nicht als Kredit vergeben können, dort anlegen.

Die Krise Das frühere Spitzeninstitut der Volksbanken, die ÖVAG, ist mit Ost-Engagements und Immo-Krediten fast in die Pleite geschlittert. Das Verlustgeschäft ging an die Bad Bank Immigon, die Volksbank Wien übernahm die Zentral-Funktion.

Die Rettung Die regionalen Volksbanken mussten zur Rettung des Sektors einen engen Verbund gründen und von 58 auf acht Institute zusammenschrumpfen. 300 Millionen Euro an Staatshilfe müssen sie bis 2023 zurückzahlen.

Der neue Chef Vor einem Jahr, als die neue Volksbanken-Struktur umgesetzt wurde, übernahm Gerald Fleischmann (46), bis dahin der Chef der Salzburger Sparkasse, die Führungsrolle im Volksbanken-Zentralinstitut Volksbank Wien.

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