Völlig verbautes Verbraucherrecht
Gut gemeint heißt noch lange nicht gut gemacht. Eigentlich soll die EU-Verbraucherrechte-Richtlinie Konsumenten vor dreister Internet-Abzocke und aufdringlichen Telefonkeilern schützen. Geworden ist aus der guten Absicht ein schier undurchschaubares Bürokratiemonster, das Händler, Handwerker und Dienstleister zur Weißglut bringt. Denn vom neuen Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (VRUG) sind längst nicht nur Web-Shops und Telefonkeiler betroffen, sondern fast alle Betriebe, die auswärts Geschäfte abschließen oder zumindest anbahnen.
Für sie gelten ab 13. Juni umfassende, schriftliche Informationspflichten. So müssen ganze 19 (!) Punkte – vom Vertragsgegenstand bis zum 14-tägigen Rücktrittsrecht – schriftlich festgehalten und vom Kunden unterschrieben werden. Für den Widerruf muss ebenso ein eigenes Formular verwendet werden wie für die Widerrufsbelehrung. Beim kleinsten Formfehler riskiert der Betrieb, auf seiner Ware sitzen zu bleiben.
Schwerer Eingriff
Nicht nur Möbelhändler, auch Maler, Installateure, Tischler und sogar Steinmetze sind ebenso verärgert wie verunsichert. "Ich verstehe nicht, warum wir jetzt alle wie lästige Hausierer behandelt werden", schimpft ein junger Installateur aus Wien.
Mustervorlagen
Die Wirtschaftskammer (WKO) versucht derzeit mit eiligen Info-Veranstaltungen die Betriebe aufzuklären und versendet seitenweise Mustervorlagen. Sie muss sich dabei aber auch die Kritik gefallen lassen, zu wenig gegen die neue Zettelflut unternommen zu haben. Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Sparte Gewerbe und Handwerk, sieht die Schuld eher in der Brüsseler Bürokratie, schließlich handle es sich ja um eine EU-Richtlinie: "Die Regelungen schießen total über das Ziel hinaus, davor hat die WKO schon vor zwei Jahren gewarnt." Kainz empfiehlt den Betrieben, statt Vertragsabschlüssen nur unverbindliche Kostenvoranschläge zu machen und diese dann schriftlich bestätigen zu lassen.
Auch Spendenorganisationen sowie Verlage und Werbeagenturen beklagen, dass das neue Gesetz ihre Arbeit massiv erschwert. Und letztlich sind auch die Konsumentenschützer nicht wirklich zufrieden. "Verbrauchern ist angesichts der neuen, teilweise schwer überschaubaren Regelungen sehr zu empfehlen, im konkreten Fall beim VKI oder den Arbeiterkammern Rat einzuholen", heißt es lapidar auf der Homepage des zuständigen Sozialministeriums.
Die Umsetzung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie bringt ab 13. Juni nicht nur mehr Bürokratie, sondern auch mehr Schutz für Konsumenten. Konkret müssen etwa über das Telefon abgeschlossene Verträge schriftlich bestätigt werden, damit sie gültig sind.
Bei Internet-Bestellungen sowie Verkäufen außerhalb der Geschäftsräume (Auswärtsgeschäfte) wird das Rücktrittsrecht von sieben auf 14 Tage ausgeweitet. Wird nicht korrekt informiert, verlängert sich diese Frist auf bis zu zwölf Monate. Neu für alle Web-Shops ist die Verpflichtung zu einem sogenannten „Info-Button“, der vor Abschluss eines elektronisch geschlossenen Vertrages über alle wesentliche Inhalte informieren muss. Durch Anklicken des Buttons weiß der Konsument, dass es ab jetzt kostenpflichtig wird.
Ferner werden Verbraucher besser vor versteckten Zusatzkosten – etwa diverse Gebühren bei Pauschalreisen – geschützt. Aber: Im Gesetz sind zahlreiche Ausnahmen vorgesehen.
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