Villach putzt sich für Gäste und Fachkräfte auf

Villachs Industrie will mehr Fachkräfte ansiedeln, der Tourismus buhlt um die Gunst der Urlauber.
Firmen wie Infineon oder Intel ziehen mit Tourismusvertretern an einem Strang.

Wenn Infineon-Finanzvorstand Oliver Heinrich am Firmensitz Villach unterwegs ist, trifft er Mitarbeiter aus 60 Ländern der Welt. Von seinen 3000 Beschäftigten in Kärnten sind 23 Prozent sogenannte "Zuagraste". Viele der Fachkräfte sind aus Deutschland, Italien oder Spanien nach Kärnten gekommen. Aber auch aus Indien, Indonesien oder Malaysia.

Fachkräfte nach Kärnten zu lotsen ist gar nicht so einfach. Mit dem internationalen Flair von Millionenstädten kann Villach (rund 60.000 Einwohner) nicht mithalten. Die Stadt will mit Lebensqualität punkten, also mit den Seen und Freizeitmöglichkeiten in der Umgebung und sich nicht nur als Arbeits- sondern als Wohnort präsentieren.

Plattform

Helfen soll eine neue Plattform, die die Tourismuswirtschaft gemeinsam mit der Stadt Villach und Industriebetrieben wie 3M, Infineon, Intel oder Flowserve ins Leben gerufen hat. In einem ersten Schritt wurde die gemeinsame Seite welcome2villach gestartet, die einen Überblick über die Region gibt – sowohl was die Sehenswürdigkeiten, als auch was Schulen oder Arbeitsplätze angeht.

In einem zweiten Schritt soll die Mobilität in der Region verbessert werden – und zwar sowohl für die Mitarbeiter der teilnehmenden Betriebe als auch für Einheimische und Touristen. "Derzeit wird analysiert, woher die Mitarbeiter der Betriebe kommen, also welchen Arbeitsweg sie haben und wo es Überschneidungen mit den Touristenrouten gibt", erklärt Claudia Kohl von der Tourismusberatung Kohl & Partner. So würden beide Gruppen zwischen den Seen und der Stadt Villach pendeln – die Zahl der öffentlichen Verbindungen ist aber überschaubar. Gedacht ist an einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs, aber auch an Carsharingmodelle.

Das Projekt sei europaweit einzigartig, sagt Kohl, die das Projekt mit initiiert hat: "Es ist das erste Mal, dass Industrie- und Tourismusbetriebe gemeinsam mit der Stadt Projektideen entwickeln und diese dann auch gemeinsam umsetzen und finanzieren."

Neben der besseren Anbindung der Region geht es freilich auch um eine Steigerung der Standortattraktivität – aus Sicht von Vermietern und Arbeitgebern. "Schon in Graz oder Wien denken viele, dass es bei uns in der Region keine Arbeit gibt. Das stimmt so nicht, vor allem im technischen Bereich bieten sich viele Chancen", führt Infineon-Vorstand Heinrich aus. Sein Ziel ist es, mehr Fachkräfte auf Dauer in Villach anzusiedeln – schon allein, weil es oft Jahre dauert, bis sie in seinem Konzern zu Höchstleistungen auflaufen. Die Ansiedelung scheitere aber oft daran, dass die Partner potenzieller Fachkräfte keine Jobchancen in Kärnten sehen. Jobbörsen sollen weiterhelfen, hofft Heinrich speziell auch auf Jobs im Tourismus. "Denn dort werden Mitarbeiter mit Fremdsprachenkenntnissen gesucht."

Weniger Gästebetten

In der Region Villach ist das Angebot an Gästebetten binnen zehn Jahren um zwölf Prozent auf 140.700 gesunken, viele Private vermieten nicht mehr. Zudem wurden einige Hotels in Wohnkomplexe umfunktioniert. Die verbliebenen Betriebe konnten laut Statistik die Zahl der Vollbelegstage auf zuletzt 77 steigern (2006: 66 Tage). Binnen zehn Jahren ist die Zahl der Gästeankünfte um zwanzig Prozent gestiegen, die Nächtigungszahlen aber nur um drei Prozent. Anders formuliert: Die Aufenthaltsdauer ist gesunken. Von fünf auf statistische 4,3 Tage.

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