Damit ist jetzt offiziell Schluss – und zwar rund um den Globus. Seit 1. Jänner gelten auf hoher See neue, strengere Umweltstandards. Durfte der Brennstoff für Dieselmotoren bisher 3,5 Prozent Schwefel enthalten, sind es jetzt nur noch 0,5 Prozent. Klingt sauber, ist aber noch immer ziemlich dreckig, findet Sönke Diesener, Verkehrsreferent des Naturschutzbundes Deutschland (NABU): „Die Grenzwerte sind immer noch 500 Mal höher als an Land, wo 0,001 Prozent für Diesel und Heizöl gelten.“ Auf der Nord- und Ostsee, in deutschen Häfen und entlang der chinesischen Küsten gilt übrigens schon länger ein Grenzwert von 0,1 Prozent.
Höhere Kosten
„Auch der letzte Reeder hat verstanden, dass wir etwas für die Umwelt tun müssen“, sagt Christian Denso, Sprecher vom Verband Deutscher Reeder, bei dem 180 der 300 deutschen Reedereien Mitglied sind. Auch wenn der neue Treibstoff rund 50 Prozent mehr kostet als der alte. Hapag-Lloyd budgetiert bereits Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro im Jahr, der weltgrößte Reedereikonzern Maersk rechnet jährlich mit zwei Milliarden mehr Treibstoffkosten.
Auf die Ware aus Fernost wird sich das aber nicht auswirken. „Die Transportkosten für ein T-Shirt aus Asien liegen bei etwa zwei Cent, bei iPads, die ein paar hundert Euro kosten, gerade einmal bei zwei Euro“, rechnet Christian Denso vom Verband Deutscher Reeder vor. Dass der Transport von Schanghai nach Hamburg 2008 noch doppelt so viel gekostet hat wie heute, hat der Konsument schließlich auch nicht in den Preisen gemerkt, sagt ein anderer Branchenkenner.
Schwefelwascher
Denso schätzt, dass 80 Prozent der Schiffe auf den neuen Kraftstoff umstellen, etwa zehn Prozent erreichen die Werte mit einem Schwefelwascher, genannt Scrubber. Wer einen solchen an Bord hat, darf weiter mit Schweröl fahren. „Den Scrubber kann man sich vorstellen wie eine Meerwasserdusche im Schornstein, die den Schwefel rauswäscht und dafür sorgt, dass am Ende nur 0,5 Prozent Schwefel aus dem Schornstein kommen“, erklärt Diesener. „Das Waschwasser wird dann ins Meer entsorgt, damit das Problem von der Luft ins Meer verlagert. Saubere Lösung ist das keine.“ Dazu kommt, dass weiter mit Schweröl gefahren wird und der Scrubber auf hoher See gerne unbemerkt abgeschaltet wird, meint der Experte.
Laut seinen Schätzungen hat jedes zweite Kreuzfahrtschiff so einen Scrubber an Bord. Bis die schwimmenden Hotels – immerhin sind weltweit rund 400 von ihnen unterwegs – sauber unterwegs sind, wird es wohl noch dauern.
Das sieht man auch am Hafen Hamburg Altona, der für 12 Millionen Euro eine Landstromanlage für Schiffe gebaut hat. Diesener: „Im Vorjahr hat nur ein Schiff dort getankt – wenn auch über 30 Mal.“ Denn der saubere Strom vom Land kostet rund sechs Mal so viel wie der, den die Schiffe selbst am Bord erzeugen. Zumindest in Deutschland. An den Küsten Norwegens sieht die Lage anders aus, dort ist der Landstrom mit umgerechnet sechs Cent sogar billiger als jener von Bord, sagt der Experte. Zum Vergleich: In Deutschland liegen die Preise bei 35 Cent pro Kilowattstunde.
Schwefeldioxid verseucht Küsten
Die internationale Hochseeschifffahrt trägt mit ihrem stark schwefelhaltigen Treibstoffen zu schweren Umweltschäden in Häfen und Küstenregionen bei. „Schwefeldioxid, das bei der Verbrennung dieser Treibstoffe entsteht, löst Atemwegserkrankungen aus“, sagt Christian Nagel, Experte für Luftreinhaltung im Umweltbundesamt. Zudem wandle sich das Schwefeldioxid in der Atmosphäre in Schwefelsäure und saure Partikel um, die über weite Stecken transportiert würden. Bei Niederschlag führt das zu Versauerung von Böden.
Stichwort: Saurer Regen, der in den 1980er-Jahren in Mitteleuropa für das Baumsterben verantwortlich war. „Noch heute gibt es in Südskandinavien Nachwirkungen dieses sauren Regens“, erklärt Nagel. Viele Gewässer seien übersäuert und daher ohne Fische.
Inhaftierung von Kapitänen
Die Reduktion des Schwefelgehalts ist dringend nötig. Die Einhaltung der neuen Vorschrift muss von Hafenbehörden kontrolliert werden. Sie müssen Logbücher überprüfen und technische Spürgeräte sowie Spürdrohnen einsetzen. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder, auch die Inhaftierung des Kapitäns ist möglich.
OMV liefert
Während Reeder über zusätzliche Kosten jammern, freut sich die OMV. Sie liefert seit langem Schiffstreibstoffe und hofft nun auf einen Nachfrageschub für ihren schwefelarmen Diesel. Schon seit dem vierten Quartal 2019 produziert der Konzern in den Raffinerien Schwechat und Petrobrazi in Rumänen Schiffsdiesel entsprechend den neuen Vorschriften.
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