Viele Gütesiegel, wenig Durchblick

... Gemüse (+3,0 Prozent), Obst (+2,4 Prozent) sowie Fleisch (+0,8 Prozent).
Was Co2-Bilanzen auf Lebensmitteln ausweisen, bleibt oft unklar. Auch was berechnet wird, ist mitunter fragwürdig.

Beim Frischgemüseproduzenten LGV staunte man nicht schlecht, als Experten einer Zertifizierungsstelle den Ratschlag erteilten, bei der Verpackung der Tomaten  doch künftig von Wellpappe-Tassen auf Pet-Tassen umzusteigen. So werde der ökologische Fußabdruck verbessert und der Weg zu einem entsprechenden Öko-Siegel geebnet, hieß es.

Was absurd klingt, stimmt rein rechnerisch: Die PET-Tassen sind leichter, aufs Kilo gerechnet ist die Co2-Belastung damit kleiner. Allerdings greift die Betrachtung kurz: Welche Rohstoffe  verwendet werden (für PET etwa Erdöl) und unter welchen Bedingungen zu  welchen Löhnen  produziert wird, fließt in die Berechnung nicht ein.

"Nachhaltigkeit sollte mehr sein, als reines Co2 zu rechnen", findet deswegen LGV-Chef Gerald König. Bei der reinen -Berechnung hätten stets jene Produzenten mit der höchsten Flächenproduktivität die besten Ergebnisse. König: "Das heißt, seltene, in kleineren Mengen hergestellte Sorten haben gar keine Chance, bei der Co2-Bilanz mit der industriell gefertigten Rispentomate aus Spanien standzuhalten."

Allerdings sind Ländervergleiche gar nicht so einfach. So wird in Spanien das Wasser, das zur Produktion benötigt wird, erst mithilfe von  Meerwasserentsalzungsanlagen gewonnen. Diese haben einen hohen Energieaufwand und damit einen großen Co2-Fußabdruck.  Theoretisch zumindest. Praktisch wird bei der Treibhausgasbilanz meist erst bei der Pflanzung begonnen, das heißt, die Wasseraufbereitung wird außen vor gelassen. "Einen einzigen Fußabdruck für eine Gurke aus Wien gibt es aber auch nicht. Er ist von Betrieb zu Betrieb anders und variiert auch mit der Jahreszeit", stellt König klar. Andererseits sorgt es auch oft für Kopfschütteln, wenn in allen Ländern dieselben Kriterien abgefragt werden. So müssen österreichische Bauern etwa für Gütesiegel unterschreiben, dass sie keine Kinder beschäftigen und den Mitarbeitern Löhne zahlen.

Grünes Mäntelchen

Für Handelskonzerne sind ökologische Fußabdrucke jedenfalls ein beliebtes Mittel, um sich bzw. den Produkten das grüne Mäntelchen umzuhängen. Ob sie für Konsumenten auch tatsächlich ein Kaufanreiz sind, steht auf einem anderen Blatt. Peter Schnedlitz, Handelsexperte der Wirtschaftsuniversität Wien, hat 200 Wiener gefragt, wie sie zu Gütesiegeln stehen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Der Großteil konnte ungestützt überhaupt  nur die Marken Ja!Natürlich, AMA und Zurück zum Ursprung nennen. Und viele scheinen im Gütesiegel-Dschungel die Orientierung zu verlieren. Schnedlitz: "Zwei Drittel der Befragten sagen, dass es zu viele Bio-Zeichen gibt. Beim Thema ökologischer Fußabdruck zeigt sich ganz deutlich, dass es noch lange kein Massenphänomen ist, auf diesen zu achten."

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